AVL-Besuch von Metalhenge bei schönstem Wetter

Oftmals ist es ja so, dass man den Dingen, die direkt vor der eigenen Haustür liegen, wenig Beachtung schenkt. Oder kann sich jemand erinnern, wann man die obere Rathaushalle oder den Bleikeller im Dom zuletzt oder überhaupt einmal besucht hat? So ähnlich wäre es einigen AVL-Mitgliedern wohl auch mit Metalhenge ergangen, das am 16. Juli 2021 auf einem stillgelegten Abschnitt der Blocklanddeponie eröffnet worden ist. Die Errichtung wurde dabei so still und leise umgesetzt, dass ich zumindest erst davon etwas mitbekam, als ich an der Deponie vorbeifuhr und flache Säulen auf dem Berg oberhalb der angebrachten Solarpanels von unten sehen konnte. Auch schienen Leute dort oben herumzulaufen. Nachdem ich den astronomischen Hintergrund mitbekam und es Kontakt zu dem ehemaligen Leiter des Olbers-Planetariums Dieter Vornholz gegeben hatte, kam die Idee auf, dort mit dem Ideengeber der Einrichtung – dem Künstler Thomas Roth – eine Führung zu organisieren, die am 12. April bei schönstem Wetter stattfinden konnte.

Getroffen wurde sich auf dem Parkplatz, unterhalb des Deponie-Berges, der ausreichend Parkplätze für Besucher bietet. Es waren im Vorfeld ca. 20 Anmeldungen eingegangen und es wurden mehr als 25 Teilnehmer, die sich auf den Weg nach Metalhenge machten. Wie der Name schon vermuten lässt, ist die Einrichtung an Stonehenge angelehnt worden, wie der Künstler Thomas Roth berichtete. Während man dort allerdings immer wieder versucht nachzuvollziehen, wie und warum Stonehenge so ausgerichtet wurde, wie es ist, konnte man bei Metalhenge direkte Bezüge zu Sternkonstellation und bedeutenden Bauwerken selber herstellen.

Die Installation von Metalhenge besteht aus 25 bis zu vier Meter hohen Hafenspundbohlen (Stelen), die alle nach astronomischen Aspekten ausgerichtet wurden (siehe auch die Drohnenaufnahmen von Kai-Oliver Detken). Während alle Stelen in östlicher Richtung die Aufgangspunkte einiger ausgewählter Sterne symbolisieren, stehen die Stelen in westlicher Richtung für die Untergangspunkte von Sonne und Mond, dem Ptolemäus-Sternhaufen sowie dem Virgo-Galaxienhaufen. Drei Stelen für die Himmelsrichtungen Norden, Osten und Westen und eine Doppel-Stele für den Süden dienen Beobachtern als geografische Orientierung. Die Doppel-Stele kann auch als Sonnenuhr verwendet werden, wodurch Metalhenge ebenfalls die größte Sonnenuhr Bremens bereithält. Ein paar der 25 Stelen besitzen verschiedenförmige Öffnungen, die vom Künstler eingearbeitet wurden. Ihre Bedeutung lässt sich am besten aus dem Kreismittelpunkt und aus einer Augenhöhe von 1,50 Metern nachvollziehen. Aus dieser Perspektive kann durch die Öffnungen der Verlauf einzelner Gestirne am Himmel und ihre Bahn unter dem Horizont nachvollzogen werden. Die Löcher dienen somit dem Verständnis der Himmelsbewegung. 

Auf dem Boden im Kreisinneren des Monuments sind zusätzlich zwölf runde Bodenmarken eingelassen worden. Ihre Bedeutung erschließt sich ebenfalls nur durch den Blick vom Kreismittelpunkt aus. Schaut man aus dieser Perspektive auf einen der Steine mit verschiedenen Aufschriften, so fällt der Blick auch in Richtung des entsprechenden relevanten Ortes oder Objektes auf der Erde. Die Bodenmarken dienen demnach der imaginären Betrachtung weit entfernter Orte durch das Erdinnere. Dazu zählen neben den Pyramiden von Gizeh oder dem mexikanischen Chichén Itzá unter anderem auch das Extremely Large Telescope (ELT) der Europäischen Südsternwarte oder der Roden Crater. Der Roden Crater wurde speziell auf den Wunsch von Thomas Roth hinzugefügt, weil er den Künstler James Turrell verehrt, der in diesem erloschenen Vulkan ein gewaltiges Wahrnehmungsobjekt aus Klängen und Licht installiert hat. James Turrell hat den Krater mit Gängen und Zimmern mit astronomischem Bezug ausgestattet. Während man im obersten Stockwerk in einem Raum gelangt der den Nordsternhimmel zeigt, kann man im Keller – quasi durch die Erde hindurch – den Südsternhimmel sehen. Das passt natürlich sehr gut zu einem Ort wie Metalhenge, wie der Künstler betonte.

Der Weg nach oben zu Metalhenge ist ein Planetenweg, an dem immer mal wieder Halt gemacht wurde, um die Planetenzeichen auf den Pflastersteinen zu würdigen, die mit Goldfarbe bemalt sind. Er ist im Maßstab 1:1 Milliarde umgesetzt worden. In der Mitte des Stelen-Kreises befindet sich die Sonne. Zu sehen sind allerdings beim Aufgang nur die vier inneren Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars, da die äußeren Planeten nicht mehr auf das Deponiegelände gepasst haben. Beim Aufgang fiel ebenfalls auf, dass die Metallgeländer geerdet waren. Dies soll wohl bei Gewitter zusätzlichen Schutz verleihen, obwohl man sich bei aufziehenden Blitzen sowieso nicht oben aufhalten sollte. Grund zur Sorge hatten wir an dem Tag jedenfalls nicht, denn die Sonne schien ohne jegliche Wolkenbeeinträchtigung bei 22 Grad Celsius auf die Teilnehmer herunter. Nach zwei Stunden mit vielen Informationen ging es dann wieder dem Abstieg entgegen. Beide Referenten holten sich vorher allerdings noch von vielen zufriedenen Teilnehmern ihren wohlverdienten Dank für die tolle Führung ab. So wird sicherlich der eine oder andere noch einmal wiederkommen. Volker Kunz machte dies sogar am gleichen Abend, weshalb von ihm auch noch Bilder in der Abenddämmerung entstanden sind.

Neben den Bildern sind noch schöne Videos und Zeitraffen entstanden:

Flug über Metalhenge (Kai-Oliver Detken)

Draufsicht auf Metalhenge (Kai-Oliver Detken)

Mondaufgang im Zeitraffer (Volker Kunz)

Dämmerung über Metalhenge (Volker Kunz)

Text: Dr. Kai-Oliver Detken
Bilder: Dr. Kai-Oliver Detken, Jürgen Ruddek, Volker Kunz, Jürgen Adamczak

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