Supernova-Überrest CTB 1 (Abell 85)
Astroobjekt des Monats Januar 2024
Abell 85 (CTB 1) ist ein großer Supernova-Überrest (SNR) im Sternbild Kassiopeia. Ursprünglich wurde das Objekt von George Abell als Planetarischer Nebel (PN) katalogisiert. Der „Abell Catalog of Planetary Nebulae“ wurde von ihm zusammengestellt und listet Objekte auf, die bis zum Jahr 1955 im Rahmen des Palomar Observatory Sky Survey (POSS) am gleichnamigen Observatorium auf fotografischen Platten identifiziert und mit dem Oschin-Schmidt-Teleskop – einer Apertur von 48 Zoll (1,2 Meter) – belichtet wurden. Im Jahr 1955 veröffentlichte Abell eine vorläufige Liste mit 73 der entdeckten Objekte in den Publications of the Astronomical Society of the Pacific (PASP), zusammen mit einigen Kugelsternhaufen. Im Jahr 1966 publizierte George Abell dann im Astrophysical Journal unter dem Titel „Properties of Some Old Planetary Nebulae“ eine Übersicht mit 86 Objekten, die bei der Durchmusterung entdeckt und provisorisch als Planetarische Nebel (PN) klassifiziert worden waren
Bereits im Jahr 1960 stellte sich allerdings heraus, dass Abell 85 eine Radioquelle beinhaltet und eher einem Supernova-Überrest ähnelt, als einem PN. Das Radioband zeigt eine hohle Hülle, während seine Struktur im Röntgenbereich kompakt und zentralisiert ist. Das Objekt wurde daher fortan als CTB 1 bezeichnet: Objekt Nr. 1 der möglichen Supernova-Reste, entdeckt am California Institute of Technology Radio Observatory und aufgezeichnet in der Liste B. Der südliche Teil der Supernova-Blase schaffte es auch in den Lynds Bright Nebula Catalogue als LBN 576. CTB 1 besitzt eine vollständige Hüllkurve, sowohl im sichtbaren Spektrum als auch im Radioband. Die einheitliche Hülle – in beiden Wellenlängenbereichen – weist darauf hin, dass sich die Stoßwelle in einem relativ homogenen interstellaren Medium ausbreitet. Als Zentralstern wurde der Pulsar PSR J0002+6216 ausgemacht, weil er die korrekte Eigenbewegung, Größe und Richtung aufweist.
Das geschätzte Alter von CTB 1 liegt zwischen 10.000 und 16.700 Jahren. Es besteht aktuell auch kein Konsens darüber, in welcher Entfernung sich dieser Supernova-Überrest befindet. Man geht zwischen 6.500 und 10.000 Lichtjahren aus. Sein Radius liegt bei ca. 100 Lichtjahren, weshalb dieses Objekt sehr lichtschwach ist. CTB1 hat relativ schwache OIII- und H-Beta-Emissionen im Vergleich zu traditionellen SNR-Spektren von H-Alpha, N-II und S-II. Tatsächlich wird dieses Objekt daher oft als eines der schwierigsten Objekte für die Astrofotografie bezeichnet. Denn man sieht dieses Objekt nicht auf Einzelaufnahmen bzw. kann es im gestreckten Einzelbild nur erahnen. Seine scheinbare Helligkeit wird auf +20,36 mag geschätzt – in den meisten veröffentlichten Aufnahmen wird kein Helligkeitswert angegeben. Da dieses Objekt so lichtschwach ist, wurden zum ersten Mal 10-min-Einzelaufnahmen von mir verwendet, im Gegensatz zu meinen üblichen 5-Minuten-Belichtungen. In fünf Nächten ist so eine Gesamtbelichtung von 17,5 Stunden zustande gekommen. Auf der Aufnahme ist der Planetarische Nebel We2-262 (oben links) ebenfalls sehr gut zu erkennen. Auf dem Bildnegativ kommt der Supernova-Überrest noch sichtbarer heraus.
Aufnahmedaten:
Teleskop: Refraktor TS PHOTOLINE 130 mm-f7-Triplett-APO
Montierung: iOptron CEM60
Brennweite: 719 mmm
Öffnungsverhältnis: 1/5,53
Kamera: Lacerta DeepSkyPro2600c
Gain: 100 (High Conversion Gain – HCG)
Filter: Optolong 2" L-eXtreme Schmalband Nebelfilter
Aufnahmelänge: 106 x 10 min (ca. 17,5 Stunden)
Aufnahmeort:Grasberg
Aufnahmedatum: 09., 10., 13., 14. und 15. September 2023
© Foto und Text: Dr. Kai-Oliver Detken (AVL)