Südliche Milchstraße mit zahlreichen Nebelobjekten
Foto des Monats November 2022
In unseren Breitengraden, auf der nördlichen Hemisphäre, lässt sich die Milchstraße nur zum Teil in ihrer vollen Pracht bewundern. Einen Eindruck von der gesamten Milchstraße erhält man erst, wenn man zur Südhalbkugel reist, denn dort steht das Zentrum unserer Galaxis direkt im Zenit. Dementsprechend verwundert es nicht, dass keine Messier-Objekte im südlichen Teil mehr vorhanden sind, denn Charles Messier hat alle seine Beobachtungen von Frankreich aus gemacht. Die südlichsten Messier-Objekte aus seinem berühmten Katalog sind daher die offenen Sternhaufen M6 und M7. Ich war im August auf der Astrofarm Kiripotib in Namibia und konnte daher die südliche Milchstraße dort erneut bewundern. Diese Beispielaufnahme zeigt nun einen Bereich der Milchstraße den wir bei uns gerade noch sehen können und einen Teil der nur auf der Südhalbkugel zu beobachten ist, weshalb ich dieses Bild ausgesucht habe.
Die Aufnahme entstand mit meiner AstroTrac-Reisemontierung, die parallel zur ausgeliehenen Ausrüstung auf der gemieteten Astroplattform lief. Es wurde ein Zoomobjektiv von Canon verwendet, welches in allen Brennweitenvarianten eine sehr gute Sternabbildung liefert. Trotz des optimalen Himmels (Bortle-Skala 1) wurde zusätzlich ein Nebelfilter verwendet, um die Nebelregionen noch stärker von der Milchstraße abzuheben und die Dunkelwolken mehr herauszuarbeiten. Die Nebel selbst wurden durch die modifizierte Canon-Kamera, die keinen Infrarotsperrfilter mehr besitzt, optimal dargestellt.
Wir fangen mit der Beschreibung der Objekte rechts im Bild an. Dort erkennt man rechts den Lagunennebel Messier 8, der auch als Sh2-25 bezeichnet wird. Oberhalb von Messier 8 ist Sh2-29, Sh2-31 und Sh2-32 zu erkennen – drei weitere HII-Region, die unmittelbar an M8 anschließen. Unterhalb des Lagunennebels ist der Trifidnebel Messier 20 zu sehen, benachbart von dem offenen Kugelsternhaufen Messier 21. Diese Objekte lassen sich in Norddeutschland gerade noch erreichen, sind aber aufgrund der geringen Horizonthöhe fotografisch nicht zu empfehlen. Alle Objektbezeichnungen lassen sich übrigens über dieses Zusatzbild nachlesen.
Links von den bekannten Messier-Objekten befindet sich die etwas schwächere HII-Region Sh2-22. Es folgen weitere kleinere HII-Regionen mit Sh2-16, Sh2-17, Sh2-18, Sh2-19, Sh2-20 und Sh2-21. Abgesetzt davon fällt oberhalb die kugelförmige HII-Region Sh2-15 auf. Mit NGC 6405 ist der offene Sternhaufen Butterfly-Cluster zu erkennen, der als Messier 6 bezeichnet wird. Er ist 81 Millionen Jahre alt und hat einen Durchmesser von 11 Lichtjahren. Direkt oberhalb im Bild ist Messier 7 zu sehen, ebenfalls ein offener Sternhaufen, der auch als Ptolemy’s Cluster bezeichnet wird. Der Haufen befindet sich ca. 800 Lichtjahre entfernt in Richtung des galaktischen Zentrums. Er besteht aus rund 100 Sternen und hat einen Durchmesser von 23 Lichtjahren. Sein Alter wird auf 166 Millionen Jahre geschätzt. Diese Objekte lassen sich aus Norddeutschland zwar nicht mehr beobachten, aber Charles Messier hat sie in Frankreich noch sehen und in seinen Katalog aufnehmen können.
Die HII-Regionen Sh2-12 und Sh2-13 lassen sich genau neben M6 ausmachen und beherbergen den offenen Sternhaufen NGC 6383, der im Jahr 1834 von John Herschel auf der Südhalbkugel entdeckt wurde. Da er diesen Sternhaufen zu unterschiedlichen Zeiten aufsuchte nahm er bei seiner dritten Beobachtung fälschlicherweise an, dass er ein weiteres Objekt gefunden hatte, weshalb mit NGC 6374 ein zweiter Eintrag im NGC-Katalog existiert. Die letzten beiden Nebelobjekte sind der Hummelnebel mit Sh2-11 und der Katzenpfotennebel mit Sh2-8. Der Hummernebel enthält den offen Sternhaufen Pismis 24, indem sich helle blaue Sterne befinden. Der Nebel ist ca. 400 Lichtjahre groß. Der Katzenpfotennebel hat einen geschätzten Durchmesser von 50 Lichtjahren und ist eines der aktivsten Sternentstehungsgebiete unserer Galaxis. Der Nebel beinhaltet Sterne mit bis zu zehnfachen Sonnenmassen, die in den letzten paar Millionen Jahren entstanden sind. John Herschel entdeckte beide Nebel im Jahr 1837.
Neben den vielen Nebelobjekten fallen die Dunkelnebel ins Auge, die sich in Namibia mit dem bloßen Auge beobachten lassen. Die Milchstraße ist dort so hell, dass die nächtliche Umgebung wie bei uns zur Halbmondzeit beschienen wird. Wenn sich das Auge an die Dunkelheit gewöhnt hat, ist eigentlich keine Lampe mehr notwendig. Dort ist daher ein Anblick der Milchstraße möglich, wie er in Europa vielleicht zu Zeiten Messiers ansatzweise mal vorhanden war.
Aufnahmedaten:
Teleskop: Canon Zoomobjektiv EF 24-70mm F2.8L II USM
Montierung: AstroTrac TT320X-AG
Brennweite: 70 mmm
Öffnungsverhältnis: 1/4
Kamera: Canon 90Da
ISO: 1.600 ASA
Filter: Optolong Clip-Filter L-eNhance
Aufnahmelänge: 28 x 3 min (1,5 Stunden)
Aufnahmeort: Astrofarm Kiripotib, Namibia
Aufnahmedatum: 21. August 2022
© Foto und Text: Dr. Kai-Oliver Detken (AVL)