Abell 21 - der Medusanebel
Foto des Monats April 2021
Im Sternbild Zwillinge befindet sich ein zu Unrecht wenig beachteter Planetarischer Nebel, der so genannte Medusanebel. Es handelt es sich dabei um ein verhältnismäßig großes, aber lichtschwaches Objekt. Erst im Jahre 1955 wurde dessen Entdeckung publiziert, und zwar unabhängig voneinander durch G. Abell (Mount Palomar Observatorien) und H.M. Johnson (Yerkes-McDonald Asteroid Survey). Beide fanden den Nebel auf fotografischen Platten der entsprechenden Himmelsdurchmusterungen. In astronomischen Katalogen taucht der Nebel unter verschiedenen Bezeichnungen auf, so z.B. als Abell 21 bzw. A66 21, als Sh2-274, PK 205+14.1 oder PN 205.1+14.2. Letztere Bezeichnung ist die neueste und von der Profiastronomie empfohlene. Die Entfernung des Medusanebels war längere Zeit umstritten. Mit einer spektroskopischen Methode nach Shklovskii wurde die Entfernung noch vor nicht allzu langer Zeit mit 782 Lichtjahren angegeben (Cahn, 1992). Erst die Weltraumsonde Gaia erlaubte mittels einer hoch präzisen Parallaxenbestimmung des Zentralsterns eine direkte Entfernungsmessung des Nebels. Diese wurde jüngst (2020) zu 1730 Lichtjahren mit einer Unsicherheit von nur 15 Lichtjahren bestimmt. Auch das Alter des Nebels konnte durch die Gaia-Mission genauer ermiitelt werden, man geht heute von einem Alter von 16582 Jahren aus. Misst man die Aufnahme unseres Bildautors aus, ergibt sich eine scheinbare Ausdehnung des Nebels von 13,2 x 9,6 Bogenminuten, das entspricht grob einem Drittel des scheinbaren Durchmessers des Mondes am Himmel. Unter Berücksichtigung der bekannten Entfernung des Nebels ergibt sich dessen wahre Ausdehnung zu 6,65 x 4,82 Lichtjahren. Unsere Sonne und unser nächster Nachbarstern, Alpha Centauri, hätten also bequem innerhalb des Medusanebels Platz.
Bei der Aufnahme unseres Bildautors Jürgen Beisser handelt es sich um ein Falschfarbenkomposit des eigentlichen Nebels, aufgenommen mit schmalbandigen Inteferenzfiltern im Licht des ionisierten Wasserstoffs (rötliche Nebelbereiche) und des zweifach ionisierten Sauerstoffs (bläuliche Nebelbereiche), kombiniert mit Aufnahmen des umgebenden Sternfeldes in natürlichen Farben. Die faserigen Nebelfilamente in Verbindung mit einem zentralen, dunklen Bereich im Nebel, der an einen geöffneten Mund erinnert, lassen mit etwas Phantasie die Assoziation zu einem Medusenhaupt aufkommen, daher der Name des Nebels. Nahe der Nebelmitte, an der Grenze zu diesem dunkleren Bereich, ist auf dem Foto ein deutlich bläulicher Stern zu erkennen. Hierbei handelt es sich um den Zentralstern des Nebels, der auf Grund seiner extrem hohen Oberflächentemperatur von 140000 K sehr viel ultraviolettes Licht ausstrahlt und das Gas des Nebels zum Leuchten anregt.
Die Einzelaufnahmen entstanden in Lilienthal-Seebergen mit einem Spiegelteleskop von 200 mm Öffnung und einem Öffnungsverhältnis von 1:4,4. Als Kamera wurde eine gekühlte CMOS-Astrokamera verwendet. Die Gesamtbelichtungszeit der Aufnahmen, welche am 12. und 13. Februar 2021 gewonnen wurden, beträgt 4,8 Stunden.
© Foto und Text: Dr. Jürgen Beisser (AVL)