Uranus - der Unauffällige
Er ist nicht besonders groß, aber auch nicht klein. Er ist nicht übermäßig hell, aber auch nicht schwach. Er springt nicht ins Auge, aber man findet ihn leicht. Er zeigt eine Wolkenoberfläche wie andere Himmelskörper auch, aber man sieht keine auffälligen roten oder schwarzen Flecken, die für Schlagzeilen sorgen könnten. Er wurde nur einmal von einer Raumsonde besucht, und das ausgerechnet einige Tage, bevor der Space Shuttle Challenger beim Start explodierte, was zur Folge hatte, dass über diesen Besuch inden Medien nur ganz wenig berichtet wurde.Er braucht lange, um die Sonne zu umkreisen, hat aber seit seiner Entdeckung bereits mehrere Umläufe hinter sich gebracht. Eine Feier wie bei Neptun im Jahr 2011, als der am weitesten von der Sonne entfernte Planet zum ersten Mal seit seiner Entdeckung wieder den Ort am Himmel erreichte, an dem er sich befand, als er entdeckt wurde, steht uns daher auch nicht ins Haus.Also ein in vieler Hinsicht unauffälliges Objekt!
Die Rede ist vom Planeten Uranus. Im Jahr 1781 von Wilhelm Herschel entdeckt umkreist er die Sonne zwischen Saturn und Neptun. Mit einem Durchmesser von 51000 km ist er nach Jupiter und Saturn der drittgrößte Planet im Sonnensystem. Neptun ist mit einem Durchmesser von 49000 km nur ein wenig kleiner.Uranusist 6. Größe hell, so dass seine Sichtbarkeit mit bloßemAuge von gerade noch bis gerade nicht mehr reicht. Mit einem Fernglas findet man ihn aber leicht. Er braucht 84 Jahre, um die Sonne einmal zu umkreisen,was bedeutet, dass seit seiner Entdeckung etwa 2,7 Uranusjahre vergangen sind.Im Januar 1986 flog die Raumsonde Voyager 2 an Uranus vorbei und funkte die bisher einzigen Nahaufnahmen des siebten Planeten zur Erde. Einige Tage nach der größten Annäherung der Raumsonde an Uranus explodierte dieRaumfähre Challenger, und dieses Ereignis bestimmte die Berichterstattung in den folgenden Wochen, so dass es kaum Berichte über den Uranusvorbeiflug gab.
Was wissen wir eigentlich über Uranus? Er besteht aus einem Kern aus geschmolzenem Gestein, der voneiner Schicht aus gefrorenem Wasser, Ammoniak und Methan umgeben wird, die auch Silikate enthält. Darüber findet man eine Schicht aus flüssigem Wasserstoff und Helium, die mit zunehmender Höhe und abnehmendem Druck und Temperatur allmählich in eine Atmosphäre übergeht, die 83 % Wasserstoff, 15 % Helium und 2 % Methan enthält. Neptun ist im Prinzip genauso aufgebaut wie Uranus, wohingegen bei Jupiter und Saturn im Inneren keine Regionen mit Eis zu finden sind. Uranus und Neptun sind also anders aufgebaut als Jupiter und Saturn, und wegen ihres Eisvorkommens im Inneren werden sie auch Eisriesen genannt. Im Gegensatz dazu spricht man bei Jupiter und Saturn von Gasriesen.
Die Uranuswolken bestehen aus Eiskristallen von Methan, Ethan und Acetylen. Über ihnen befindet sich eine Schicht aus Methangas, die vom Sonnenlicht, das an den Wolken reflektiert wird, den Rotanteil absorbiert, was zur Folge hat, dass der Planet eine blaugrüne Farbe aufweist. Die Voyager-Bilder zeigen eine Wolkenoberfläche, die fast strukturlos ist.
Wie die anderen drei Gas- und Eisriesen besitzt Uranus ein Ringsystem. Sie sind dünner und schwächer als die Saturnringe, aber auffälliger als die Ringe von Jupiter und Neptun. Die Ringe des Uranus wurden übrigens per Zufall entdeckt. Im Jahr 1977 bedeckte Uranus von der Erde aus gesehen einen Fixstern. Vor dem Beginn und nach dem Ende der eigentlichen Bedeckung maßen die Wissenschaftler vorübergehende Schwächungen des Sternlichtes, die nur mit einem Ringsystem umUranus erklärt werden konnten. Vor 1977 waren nur die Ringe um den Saturn bekannt, und niemand hatte damit gerechnet, dass auch andere Planeten Ringe aufweisen könnten. Die Entdeckung der Uranusringe warf also einiges über den Haufen.
Und dann haben wir die Jahreszeiten auf Uranus, die einzigartig im Sonnensystem sind. Die Rotationsachse des Planeten ist 98°gegen die Senkrechte zur Bahnebene geneigt. Das bedeutet, dass Uranus gewissermaßen auf seiner Bahn entlang rollt und es Zeiten gibt, zu denen die Sonne vom Nordpol oder vom Südpol des Planeten aus gesehen fast im Zenit steht und für die Äquatorregionen kaum über den Horizont kommt. Für einen Beobachter auf Uranus variiertdie Deklination der Sonne im Laufe eines Jahres zwischen -82° und +82°. Dass der Neigungswinkel der Rotationsachse mehr als 90° beträgt, heißt nichts weiter, als dass Uranus nicht von Westen nach Osten sondern in der Gegenrichtung rotiert. Das bedeutet, dass dort die Sonne im Westen auf-und im Osten untergeht.
Als Voyager 2 an Uranus vorbei flog, schien die Sonne fast senkrecht auf den Südpol des Planeten. Im Jahr 2007 stand sie senkrecht über dem Äquator, und im Moment wird die Nordhalbkugel beleuchtet, wohingegen am Südpol Polarnacht herrscht.
In diesem Jahr befindet sich Uranus von der Erde aus gesehen im Sternbild Fische, wobei er sich allerdings im März für einige Wochen im Walfisch aufhält. Am 29. März steht er in Konjunktion mit der Sonne, taucht aber für einen Beobachter in Deutschland erst im Juni wieder am Morgenhimmel auf. Seine Oppositionstellung erreicht er am 3. Oktober. Im Teleskop zeigt Uranus ein kleines strukturloses Scheibchen. Er ist also kein Paradeobjekt wie Jupiter oder Saturn, aber es lohnt sich trotzdem, ihn sich mal anzusehen.
Prof.Barbara Cunow, Pretoria, Südafrika