Schwarzes Loch vor unserer Haustür

Schwarzes Loch vor unserer Haustür

Von schwarzen Löchern haben wir alle schon gehört. Sie sind seit Jahrzehnten bekannt und es wird immer wieder über sie berichtet. Nun wurde im Mai dieses Jahres mitgeteilt, dass Wissenschaftler der Europäischen Südsternwarte ESO die Existenz eines schwarzen Lochs in nur 1000 Lichtjahren Entfernung von uns nachgewiesen hätten. Das neu entdeckte Objekt ist Teil eines Doppelsternsystems mit der Bezeichnung HR 6819.

Die beiden Sterne von HR 6819 stehen so nahe beieinander, dass man sie von der Erde aus im Teleskop nur als einen Stern sehen kann. Wenn man sich aber das Spektrum ansieht, stellt man fest, dass man es mit zwei Sternen zu tun hat, die einander umkreisen. HR 6819 so hell, dass man das System mit bloßem Auge sehen kann. Seine V-Helligkeit beträgt 5,4 mag. Allerdings befindet sich der Doppelstern am Südhimmel im Sternbild Telescopium und ist daher von Deutschland aus nicht sichtbar. Von Südafrika aus kann ich ihn aber beobachten.

Die Überraschung kam im Mai dieses Jahres, als berichtet wurde, dass im HR 6819-System ein drittes Objekt gefunden wurde, das einen der beiden Sterne umkreist, aber selbst kein Licht ausstrahlt. Dass es da ist, sieht man nur daran, dass sich die Spektrallinien des einen Sterns mit einer Periode von 40 Tagen mal zum Roten und dann wieder zum Blauen hin verschieben.

Die Analyse der Linienverschiebungen ergab, dass es sich bei dem dritten Körper um ein schwarzes Loch mit einer Masse von mindestens 4 Sonnenmassen handelt. Es scheint nicht von einer Akkretionsscheibe umgeben zu sein, wie man sie bei vielen massereichen schwarzen Löchern findet. Es macht sich also nur dadurch bemerkbar, dass die Bewegung des einen Sterns von HR 6819 durch die Schwerkraft des schwarzen Lochs beeinflusst wird.

Bislang sind in unserer Milchstraße insgesamt erst einige Dutzend schwarzer Löcher bekannt. In fast allen Fällen hat sich in der Nähe des schwarzen Lochs Materie aus der Umgebung angesammelt, die sich sehr schnell um das schwarze Loch bewegt, was zur Folge hat, dass sich die Materie extrem aufheizt und starke Röntgenstrahlung aussendet. Diese Strahlung verrät dann die Existenz des schwarzen Lochs. Wenn aber das schwarze Loch wie im Fall von HR 6819 kein Material aus der Umgebung angesammelt hat, ist keine Röntgenstrahlung vorhanden und das schwarze Loch fällt zunächst gar nicht auf. Es wird daher vermutet, dass es viele schwarze Löcher in unserer Heimatgalaxie gibt, die wir noch gar nicht kennen.

Mit einer Entfernung von etwa 1000 Lichtjahren ist das schwarze Loch in HR 6819 das erdnächste schwarze Loch, das bislang gefunden wurde. In astronomischen Maßstäben sind 1000 Lichtjahre sehr wenig, was bedeutet, dass sich das Objekt sozusagen direkt vor unserer Haustür befindet. Aber vielleicht gibt es ja schwarze Löcher, die noch näher an der Erde sind als das in HR 6819. Wer weiß ...

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