Das Schicksal des Kometen ISON

Das Schicksal des Kometen ISON

Eigentlich kann man die ganze Geschichte in einem Satz zusammenfassen: ISON kam, passierte die Sonne und war hin. Das ist vielleicht etwas primitiv ausgedrückt, beschreibt aber die Situation ganz gut.

Entdeckt wurde der Komet C/2012 S1 (ISON) am 21. September 2012 in Russland im Rahmen des internationalen Projektes InternationalScientific Optical Network, kurz ISON,von den Astronomen Vitaly Nevskyund Artyorn Novichonok.Schon die ersten Bahnberechnungen zeigten, dass der Kometam 28. November 2013 sehr nahe an der Sonne vorbeifliegen und in den Wochen davor und danach möglicherweise von der Erde aus als sehr helles Objekt am Himmel zu sehen sein würde. Die Medien machten daraus sofort eine Sensation und sprachen von einem Jahrhundertkometen.

Geschürt wurden die hohen Erwartungen an ISON durch den Kometen Lovejoy,der im Dezember 2011 sehr nahe an der Sonne vorbeiflog. Zum Zeitpunkt der größten Annäherung befand sich Lovejoy nur 140000 km von der Sonnenoberfläche entfernt, er flog also mitten durch die Korona. Man hatte eigentlich erwartet, dass der Komet durch die große Hitze völlig zerstört werden würde, aber zur großen Überraschung aller war dem nicht so. Lovejoy überlebtedie Sonnenpassage und war danachfür einige Tage auf der Südhalbkugel der Erde als sehr heller Komet kurz vor Sonnenaufgang sichtbar.Nun hofften Astronomen weltweit, dass ISON ein vergleichbares Schauspiel bieten würde.Dazu kam noch, dass sich der Komet während der besten Sichtbarkeit nördlich der Sonne befinden und damit wunderbar von der Nordhalbkugel der Erde aus zu sehen sein würde.

Zum Zeitpunkt seiner Entdeckung war ISON noch weit von der Sonne entfernt und sehr schwach, aber im September 2013 war seine Helligkeit soweit angestiegen, dass er auch für Amateurastronomen mit kleinen Teleskopen interessant wurde.Bis Mitte November war er allerdings für das bloße Auge noch zu schwach. Das änderte sich allerdings sehr plötzlich am 14.11., als die Helligkeit des Kometen innerhalb eines Tages um den Faktor 10 zunahm. Damit wurde er für geübte Beobachter mit bloßem Auge sichtbar. In den folgenden Tagen stieg seine Helligkeit weiter an, allerdings kam er der Sonne auch immer näher, was zunehmend die Beobachtung erschwerte.

Am 28. November wurde es dann ernst für ISON. An diesem Tag flog er an der Sonne vorbei, wobei er sich der Sonnenoberfläche bis auf 1,2 Millionen km näherte. Dieses Ereignis wurde genauestens von den Satelliten SOHO, STEREO-Aund Solar Dynamic Observatory (SDO), die die Sonne ständig überwachen, beobachtet. Es zeigte sich, dass ISON kurz vor der größten Sonnennähe sehr hell wurde, dann nahm die Helligkeit aber ab, und als der Komet begann, sich wieder von der Sonne zu entfernen, war nicht mehr viel von ihm übrig. Die ersten Mitteilungen am 29. November lauteten daher, der Komet habe nicht überlebt. Allerdings zeigten die Bilder von SOHO während der Nacht vom 28. zum 29.11. (europäischer Zeit) ein kurzzeitiges Aufleuchten der Kometenüberreste, was am 30. zu der Vermutung führte, der Komet existiere vielleicht doch noch. Während der folgenden Tage wurdedann aber klar, dass ISON beim Vorbeiflug an der Sonne auseinandergebrochen ist und die Bestandteile sich aufgelöst undim Raum verteilt haben.Der Komet hat also nicht überlebt.

Ursprünglich hatte man gehofft, dass ISON in den Wochen nach der Sonnenpassage von der Nordhalbkugel der Erde ausals helles und spektakuläres Objekt nördlich der Sonne zu sehen sein würde. Diese Hoffnung hat sich nun nicht erfüllt.

Die Geschichte des Kometen C/2012 S1 (ISON) zeigt uns wieder einmal, was für unberechenbare Objekte Kometen sind und mit was für Überraschungen man bei ihnen rechnen muss. Aber die Unvorhersagbarkeit macht sie auch so interessant. Wenn man im voraus immer schon genau wüsste, wie sich ein Komet verhält, wäre es ja langweilig. Aber so ist es immer spannend, einen Kometen zu beobachten, weilman vorher nie genau weiß, was man zu sehen bekommt (oder auch nicht).

Prof.Barbara Cunow, Pretoria, Südafrika

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