Besuch beim Zwergplaneten mit Herz

Besuch beim Zwergplaneten mit Herz

„Was die Daten uns gezeigt haben, hat uns nicht überrascht, es hat uns einen Schock versetzt.“ So kommentierte James Green, der bei der NASA die Abteilung zur Erforschung des Sonnensystems leitet, die Ergebnisse des Vorbeiflugs der Raumsonde New Horizons am Zwergplaneten Pluto im Juli 2015.Zum ersten Mal bestand die Möglichkeit, Pluto und seine Monde aus der Nähe zu untersuchen. Dabei kam die Sonde bis auf 12500 km an Pluto heran und bis auf 29000 km an Charon. Der Vorbeiflug war sehr erfolgreich und lieferte eine Unmengen von Daten und die ersten Nahaufnahmen der beiden Himmelskörper.

Mitte dieses Jahres wurden die ersten Ergebnisse der Mission auf einer Konferenz diskutiert. Die Wissenschaftler müssen viel Geduld aufbringen, da die Daten des Vorbeiflugs aufgrund der groβen Entfernung der Raumsondevon der Erde nur mit einer sehr geringen Übertragungsrategesendet werdenkönnen. Inzwischen ist zwar der gröβte Teil des Datensatzes bei uns angekommen, aber bis alle Messwerte hier sind, werden noch einige Monate vergehen.

Es ist schon lange bekannt, dass sowohl Pluto als auch Charon Oberflächen aus Eis besitzen. Dabei findet man auf Charon hauptsächlich gefrorenes Wasser, wohingegen auf der Plutooberfläche vier verschiedene Sorten von Eis nachgewiesen wurden: Wassereis, gefrorener Stickstoff, gefrorenes Kohlenmonoxid und gefrorenes Methan.Wie die Oberflächen von Pluto und Charonaber genau aussehen, wusste man aber bisher nicht, da die beiden Himmelskörper soweit von uns entfernt sind, dass kein irdisches Teleskop detaillierte Bilder ihrer Oberflächen liefern kann.

Als sich New Horizons im Anflug auf den Zwergplaneten befand und die Bilder immer mehr Details zeigten, stelltesich heraus, dass Pluto ein helles Gebiet mit der Form eines Herzens besitzt. Dieses Herz besteht aus zwei Teilen mit unterschiedlicher Oberfläche. Der östliche Teil weist deutlich zerklüftetes Gelände auf,wohingegen der Westteil des Herzens (auch Sputnik Planitia genannt) sehr glatt ist. Das Eis dieser Region besteht aus Stickstoff, Kohlenmonoxid und Methan; Wassereis scheint dort nicht vorhanden zu sein. Interessanterweise ist Sputnik Planitia nicht eben. Die Mitte liegt drei bis vier Kilometer tiefer als die Ränder. Eshandelt sich also um eine riesige Senke.

Was darüber hinaus bei Sputnik Planitia auffällt, ist die Tatsache, dass in dieser Region nicht ein einziger Einschlagkrater zu sehen ist. Statt dessen findet man ein Netz von Spalten, das dieses Gebiet überzieht. Das lässt darauf schlieβen, dass es sich hier um eine geologisch junge und aktive Region handelt, etwas, was niemand erwartet hatte. Man geht jetzt davon aus, dass im Plutoinneren radioaktiver Zerfall stattfindet unddie dabei entstandene Hitze durch Konvektion nach oben transportiert wird. Die Oberfläche von Sputnik Planitia ist von Konvektionszellen aus Eis bedeckt, die sich im Laufe der Zeit immer wieder erneuern.

Direkt angrenzend an Sputnik Planitia findet man ein extrem dunkles Gebiet, auch Cthulhu Regio genannt. Es erstreckt sich entlang des Äquators halb um den Zwergplanetenherum, und dort ist nur sehr wenig Eisvorhanden.Stattdessen besteht die Oberfläche wahrscheinlich aus komplexen organischen Molekülen, die durch die Einwirkung von ultraviolettem Sonnenlicht aufMethan entstanden sind.

Cthulhu Regio ist nicht die einzige dunkle Region auf Pluto. Entlang des Äquators findet man eine ganze Reihe dunkler Gebiete, die sich wie ein Gürtel um den Zwergplaneten erstrecken. In höheren Breiten findet man solche Regionen nicht. Es wird vermutet, dass die Existenz dieser dunklen Gebiete etwas mit den Jahreszeiten zu tun hat.

Pluto ist ein Objektmit extremen Jahreszeiten. Seine Rotationsachse ist momentan 120° gegen die Senkrechte zur Bahnebene geneigt, wobei man animmt, dass dieser Wert zwischen 103° und 127° schwankt. Die Achse des Zwergplaneten ist demnachimmer stark geneigt, was zur Folge hat, dass nur die äquatorialen Gebiete keine Polarnacht erleben. Diese Regionen bekommen viel mehr Sonnenlicht als die anderen Breiten, und es ist die Einwirkung des Sonnenlichtes, das diese dunklen Gebiete entstehen lässt.

Mit zu den faszinierendsten Bildern, die New Horizons zur Erde geschickt hat, gehören die, die aufgenommen wurden, als sich die Raumsonde im Schatten des Zwergplaneten befand. Sie zeigen die Nachseite des Pluto als dunkle Scheibe umgebenvon einem hellen bläulichen Kranz. Dabei handelt es sich um Sonnenlicht, das von der Atmosphäre des Pluto gestreut wird.

New Horizons hat natürlich auch die extrem dünne Atmosphäre des Zwergpaneten genau untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass sie viel kälter ist als angenommen, undsie erstreckt sich auch längst nicht so weit in den Weltraum wie erwartet. Das bedeutet, dass sie viel stabiler ist und ganz andere Eigenschaften aufweist als man vorher gemeint hatte. Warum die Atmosphäre so kalt ist, weiβ bisher niemand.

Auβerdem zeigen die Bilder der Raumsonde eine Vielzahl klar voneinander abgegrenzter Dunstschichten, die Pluto umgeben undsich bis in eine Höhevon 200 km erstrecken. Man vermutet, dass sie durch Oberflächenwindeentstehen, die über Bergketten hinweg wehen, dabei aufsteigen und Wärme nach oben transportieren. Auf diese Weise entstehen abgegrenzte Schichten von Gasen verschiedener Temperatur und daher verschiedene rDichte, was zur Bildung der Dunstschichten führt.

Ich habe hier nur einige der Ergebnisse der New Horizons-Mission aufgeführt. Es gibt natürlich noch viel mehr, teilweise unglaubliche Dinge, die sich aus den Daten ergeben. Insgesamt war der Besuch bei Pluto ein voller Erfolg und hat unsere Vorstellung von den Eigenschaften des Zwergplaneten und seinen Monden in vielerlei Hinsicht auf den Kopf gestellt.

Prof.Barbara Cunow, Pretoria, Südafrika

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