Partielle Sonnenfinsternis in Norddeutschland

Partielle Sonnenfinsternis in Norddeutschland

Foto des Monats Juli 2021

Am 10. Juni fand in Norddeutschland nach sechs Jahren (20. März 2015) endlich wieder eine partielle Sonnenfinsternis (SoFi) statt. Da die Reisemöglichkeiten in letzter Zeit doch stark eingeschränkt waren, bot sich auch keine Exkursion nach Kanada, Alaska, Grönland oder Russland an, um die ringförmige SoFi zu erleben. Obwohl in unseren Breitengraden der Grad der Finsternis nur ca. 17% betrug, konnte man aber dennoch mit dem Fernglas oder Teleskop das Himmelsereignis sehr gut beobachten – natürlich nur mit ausreichendem Sonnenfilterschutz. Zudem fand die SoFi auch noch optimalerweise zur Mittagszeit statt. Leider öffneten viele Sternwarten in Deutschland nicht ihre Pforten (u.a. auch die AVL nicht), da sie noch unter dem Einfluss der siebenmonatigen Corona-Einschränkungen standen. Daher wurden viele Livestreams in Deutschland angeboten, die von der Stiftung Planetarium Berlin als Gemeinschaftsproduktion der Gesellschaft Deutschsprachiger Planetarien und der Vereinigung der Sternfreunde (VdS) mehr als ein Dutzend Sternwarten wenigstens virtuell zusammenführten. Das Ereignis lässt sich daher auch nachträglich auf YouTube genießen: https://www.youtube.com/watch?v=NIQLVzygwt0

Aufgrund der ausgefallenden öffentlichen AVL-Veranstaltung macht ich es mir zu Hause bequem. Jürgen Ruddek gab zwischenzeitlich bekannt, dass er bei den Sternwarten in Wührden Stellung bezog, falls doch noch Gäste unangemeldet kommen sollten. Einen Abend vorher hatte sich sogar das NDR-Fernsehen bei der AVL angekündigt, dem aber leider auch abgesagt werden musste. Mit meinen Refraktoren und den damit verbundenen Sonnenfilterfolien war ich daher in meinem Garten um 11:15 Uhr startklar, um das Ereignis mitzuverfolgen. Zur visuellen Beobachtung wurde ein Canon-Fernglas mit Bildstabilisator verwendet, dass ich auch schon zur SoFi in den USA 2017 mit dabeihatte und sich dank Ute Spieckers selbst gebauten Sonnenfilteraufsatz perfekt für die Beobachtung eignete. Die Spannung stieg, ob um 11:30 Uhr die Finsternis beginnen würde. Und in der Tat, pünktlich wie ein Uhrwerk begann das Spektakel und der Mond schob sich langsam vor die Sonne. Dabei kam sogar richtiges SoFi-Feeling auf, als wenn man sich auf einer Fernreise befinden würde. In der nördlichen Polarregion war die ringförmige Sonnenfinsternis zwar in ihrer ganzen Pracht zu sehen, aber dafür war es bei uns wesentlich wärmer. Dass sie sich hauptsächlich dort ereignete lag an dem Zeitpunkt kurz vor der Sommersonnenwende. Deshalb war der Verlauf von Ost nach West auch recht ungewöhnlich, weil die ringförmige Zone dort verlief, wo die Sonne über den Nordpol hinweg Teile der Nachthemisphäre der Erde beleuchtet.

Bei der Fokussierung fielen zwei Sonnenfleckengruppen (AR2832 und AR2829) auf, die sich bei ganz genauem Hinschauen zu erkennen gaben, weil sie relativ klein waren. Da sich die Sonne momentan immer noch in einem Minimum befindet, war dies ebenfalls ein interessanter Höhepunkt. Aber auch der Mondschatten war interessant, da eine gewisse Unebenheit bei hoher Vergrößerung erkannt wurde, die durch die Kraterlandschaft zustande kam. Das Maximum der Sonnenfinsternis fand dann gegen 12:30 statt, welches auch das Foto des Monats (FdM) zeigt. So konnte ca. zwei Stunden die SoFi beobachtet werden, um alle unterschiedlichen Phasen zu sehen, wie das folgende Zusatzbild belegt. Dabei wurde die Sonne dieses Mal nicht jeweils nach Norden ausgerichtet.

Eine Sonnenfinsternis kann im Übrigen nur bei Neumond eintreten, denn dann steht der Mond genau zwischen Sonne und Erde. Durch die Neigung der Mondbahn zieht der Mond allerdings meistens über- oder unterhalb der Sonne vorbei. Damit der Mond die Sonne trifft, muss er bei Neumond also auch die scheinbare Sonnenbahn am Himmel kreuzen. Die relativ seltene Kombination beider Stellungen führt dazu, dass pro Jahr maximal nur zwei bis vier Sonnenfinsternisse auf der Erde stattfinden können. Die Sonne muss während der Finsternis außerdem über dem lokalen Horizont stehen. Daher kann man von einem bestimmten Ort aus nur sehr selten eine totale Sonnenfinsternis beobachten. Die Nächste findet in Deutschland nämlich erst am 03. September 2081 statt. Wer so lange nicht warten kann oder will, muss reisen oder mit partiellen Sonnenfinsternissen Vorlieb nehmen. Diese finden wesentlich häufiger statt: der nächste Termin ist bereits am 25. Oktober 2022 für den deutschsprachigen Raum. Dann hoffentlich wieder öffentlich und ohne Corona-Beschränkungen.


Aufnahmedaten:
Teleskop: Refraktor TS PHOTOLINE 130 mm-f7-Triplett-APO
Reducer/Flattner: TS-Optics Field Flattener, 2" Corrector
Brennweite: 910 mmm
Öffnungsverhältnis: 1/7
Kamera: ZWOptical A.S.I. 2600MCpro
Filter: Baader-Sonnenfilterfolie
Aufnahmedaten: 50 x 1.100 ms
Montierung: iOptron CEM60
Aufnahmeort und -zeit: Grasberg am 10. Juni 2021

© Foto und Text: Dr. Kai-Oliver Detken (AVL)

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