AVL-Vereinsreise 2014 führte dieses Mal zur Landeshauptstadt Berlin
Die diesjährige Vereinsfahrt der AVL wurde zur Bundeshauptstadt Berlin unternommen, die einige astronomische Leckerbissen zu bieten hat. Verschiedene Observatorien und Sternwarten führten hier in der Vergangenheit visuelle Forschungen durch, die irgendwann den Lichtverhältnissen geschuldet in andere Gebiete ausweichen mussten. In den besuchten Planetarien konnte man dann aber immerhin den optimalen Sternenhimmel bestaunen, wie er heutzutage noch in Namibia oder Chile zu finden ist, aber auch die realen Bedingungen in Berlin simulieren. Albert Einstein hinterließ hier ebenfalls überall seine Spuren, so dass wir ihm immer wieder "über den Weg liefen". In der Gegenwart forscht das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) nach Exoplaneten und Kometen, um den Ursprung des Lebens zu ergründen. Hier konnte sich die AVL-Reisegruppe über gegenwärtige und zukünftige Forschungsziele informieren. So wurde ein großer Bogen über die astronomische Forschung vom Ende des 19. Jahrhunderts bis hin zur unmittelbaren Zukunft des 21. Jahrhunderts vermittelt. Daneben blieb noch Zeit, um Berlin zu erkunden und den Schlosspark Sanssouci in Potsdam zu besichtigen. Dieser Artikel präsentiert eine Fotoauswahl sowie einen Kurzbericht der Vereinsfahrt. Ausführlicher wird in der kommenden HiPo darüber berichtet.
Nachdem im Vorfeld diverse Termin- und Fahrwünsche der Reisegruppe auf einen Nenner gebracht werden konnten, wurde das Hotel mit dem aussagekräftigen Namen "Abendstern" gebucht und die astronomischen Einrichtungen angeschrieben. Auch diese Termine mussten abgestimmt werden, da die unterschiedlichen Führungszeiten und die Programme passen sollten. Zudem kann man normalerweise das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) nicht spontan besuchen, sondern ist eigentlich auf den "Tag der offen Tür" angewiesen, der einmal im Jahr stattfindet. Das DLR machte es der AVL-Reisegruppe dann aber doch möglich zum gewünschten Zeitpunkt ihre Tore zu öffnen und einen Überblick über ihre Forschungsbereiche zu geben. Auch die Archenhold-Sternwarte musste per Voranmeldung konsultiert werden, da es zwar regelmäßige Führungen gibt, diese aber nicht in den Zeitplan der AVL passten. Das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) bot wiederum nur Führungen innerhalb ihrer Arbeitszeiten an und nicht am Wochenende, während das Wilhelm-Förster-Planetarium unterschiedliche Programme anbietet, die aber auch zur Reisegruppe passen sollten, so wie zum Zeitplan der Führung durch die Sternwarte. Nachdem die Vorbereitungen abgeschlossen waren, konnte es am 17. Juli endlich gemeinsam losgehen.
Zuerst wurde das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) besucht, welches eine Stiftung bürgerlichen Rechts und eine Forschungseinrichtung der Leibniz-Gemeinschaft ist. Es ist in Potsdam-Babelsberg zu Hause, wo wir am ersten Reisetag auch vorbei sahen, um den "Großen Refraktor" in Augenschein nehmen zu können. Allerdings verwaltet das AIP auch den Telegraphenberg in Potsdam, der die historischen Sternwarten und Instrumente enthält, weshalb wir erst einmal am falschen Ort zur richtigen Zeit eintrafen. Mit unserem Reisebus konnten wir das Missgeschick aber schnell wieder wettmachen und trafen mit leichter Verspätung dann doch noch zur angebotenen Führung am Telegraphenberg ein. Sehenswert ist ebenfalls der Einsteinturm, der von Erich Mendelsohn 1922 erbaut worden ist. Er wurde nach dem Nobelpreisträger Albert Einstein für Physik des Jahres 1921 benannt. Hier sollte die Gültigkeit von Einsteins Relativitätstheorie experimentell bestätigt werden. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz und wird hauptsächlich für Studentenausbildung und zur Überprüfung von astronomischen Instrumenten genutzt.
Am Abend ließen wir den ersten Tag am Sony Center in einem netten australischen Restaurant gemeinsam ausklingen. An einer langen Tafel wurden die ersten Erlebnisse noch einmal diskutiert und zwischen Känguru- und Krokodilfleisch gewählt.
Am kommenden Morgen stand ein Ausflug in die astronomische Gegenwart bzw. Zukunft auf dem Programm. Wir durften beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) einen Eindruck über die Standortgeschichte, Extrasolare Planeten (Exoplaneten) und die aktuelle Mission Rosetta bzw. das Experiment CASSE (Cometary Accoustic Sounding Surface Experiment) gewinnen. Hier erfuhren wir u.a., dass bereits über 1.800 Exoplaneten - also Planeten außerhalb unseres Sonnensystems - entdeckt worden sind, aber noch keine zweite Erde. Auch die Kometenmission Rosetta steuert gerade auf ihren Höhepunkt zu, wie wir erfahren durften. Hier wird zum ersten Mal versucht werden auf einem Kometen zu landen, um neue Erkenntnisse über dessen Zusammensetzung gewinnen zu können. Am 11. November wird das Landemanöver stattfinden, über das wir uns beim DLR bereits vorab aus erster Hand informierten durften. Abschließend besuchten wir noch die Planetare Bildbibliothek, die noch weitere Leckerbissen für uns bereithielt. Der Termin war eigentlich für drei Stunden angesetzt gewesen. Wir kamen aber erst nach ca. 4,5 Stunden wieder aus dem Gebäude heraus, vollgepackt mit Wissen und diversen Begleitmaterialien aus der Bibliothek.
Die Sternwarte Archenhold befindet sich im Treptower Park im Berliner Ortsteil Alt-Treptow, zu dem wir uns um 20 Uhr abends am gleichen Tag aufmachten, nachdem wir uns vorher noch mit einem Steak unterschiedlicher Größenordnung in einem argentinischen Restaurant gestärkt hatten. Die Sternwarte beherbergt den "Großen Refraktor", das längste (nicht das größte) bewegliche Fernrohr der Welt. Heute ist sie ein Museum, weshalb zwar noch durch den Refraktor visuell beobachtet werden kann, aber keine wissenschaftlichen Arbeiten mehr damit stattfinden. Er steht seit 1967 unter Denkmalschutz und ist immer noch voll funktionsfähig. Archenhold konnte damals zahlreiche bekannte Wissenschaftler und Forscher zu Vorträgen in der Sternwarte gewinnen. So hielt u.a. am 02. Juni 1915 ein gewisser Albert Einsteins seinen ersten öffentlichen Vortrag zur Relativitätstheorie. Eine Gedenktafel erinnert heute noch daran. Neben dem "Großen Refraktor" enthält aber auch die Ausstellung des Museums einiges an Leckerbissen bereit. So konnten wir einen Meteoriten vom Barringer-Krater in Arizona bewundern sowie das Heliometer von Friedrich Wilhelm Bessel. Abschließend durften wir uns im Planetarium den Fixsternhimmel von Berlin ohne Lichtverschmutzung ansehen.
Am dritten Tag wurde erst einmal tagsüber Berlin besichtigt, da wir erst abends einen Termin bei der Wilhelm-Foerster-Sternwarte sowie dem Planetarium am Insulaner hatten. Aufgrund des schönen Wetters wurde eine Schiffstour unternommen und Regenschirme entfremdet, da die Sonne erbarmungslos brannte. Ohne Sonnenbrände erreichten wir am Nachmittag die Hackeschen Höfe, die Zeit zum relaxen boten. Vor dem nächsten astronomischen Event ließen wir es uns noch in einem Biergarten gutgehen, bevor es zur Abendvorstellung "Flieg mich zum Mond" des großen Planetariums am Insulaner ging, das immerhin 300 Sitzplätze anbietet. Der Projektor konnte diverse Effekte an die Decke zaubern, was musikalisch eindrucksvoll untermalt wurde. So drangen wir beispielsweise in den Rosetten-Nebel komplett ein oder schwebten mit der ISS über die Erdoberfläche im Weltraum. Nach diesem stimmungsvollen Programm, waren wir eingestimmt auf die anschließende Mitternachtsführung der Wilhelm-Foerster-Sternwarte. Sie beherbergt u.a. den Bamberg-Refraktor aus dem Jahr 1889 mit einer Öffnung von 314 mm und einer Brennweite von 5 m. Wir durften durch den Refraktor den Saturn und den Kugelsternhaufen M13 betrachten. Beide Objekte wurden mit 280facher Vergrößerung dargestellt, was aufgrund der Luftunruhen die maximal mögliche Vergrößerung darstellte. Dies bildete einen schönen Abschluss eines wiederum recht ereignisreichen Tages.
Am vierten Tag hieß es wieder Abschied zu nehmen. Wir unternahmen aber noch einen kleinen Abstecher zum Schloss Sanssouci in Potsdam, was ja sowieso auf unserer Route lag. Die Gartenanlagen und das Schloss sind zwar keine astronomischen Ziele, aber in jedem Fall sehr sehenswert. Da auch hier wieder die Sonne vom Himmel brannte, waren alle froh mittags wieder in den Bus steigen und voller neuer Impressionen die Heimfahrt antreten zu können. Es ließ sich aber abschließend festhalten: Berlin ist immer eine Reise wert und persönlich auch bestimmt nicht meine letzte.
Autor: Dr. Kai-Oliver Detken
Fotos: Dr. Kai-Oliver Detken, Ernst-Jürgen Stracke, Jan Rüggeberg