Die AVL auf Reisen: Besuch des Europäischen Weltraumforschungs- und Technologiezentrums in den Niederlanden

Ende September war es mal wieder soweit: die AVL brach zu einer Vereinsreise auf, die schon wieder in die Niederlande führen sollte und mit 18 Teilnehmern eine sehr gute Resonanz besaß. Nachdem man im letzten Jahr bereits Franeker besucht hatte, um das älteste noch funktionierende Planetarium zu sehen, stand in diesem Jahr Noordwijk an der Nordsee auf dem Programm. Dort befindet sich das Europäische Weltraumforschungs- und Technologiezentrum ESTEC, das Teil der Europäischen Weltraumorganisation ESA ist. Zusätzlich wurde in der Nähe das Städtchen Leiden mit der ältesten Universitätssternwarte der Welt besucht. Die Space Expo Noordwijk, die auf dem ESTEC-Gelände untergebracht ist und viele 1:1-Modelle rund um die Raumfahrt ausstellt, rundete das Programm am letzten Tag der Reise ab.

Der Weg in die Niederlande wurde mit dem Pkw zurückgelegt, da ein Bus aus unterschiedlichen Gründen nicht gemietet werden konnte. Das war auch im Nachhinein nicht verkehrt, wenn man die Parksituation vor Ort betrachtete. Als erster Zwischenstopp stand das Old Observatory Leiden (https://www.universiteitleiden.nl/old-observatory) auf dem Programm. Die Sternwarte Leiden (Sterrewacht Leiden) wurde bereits 1633 als Observatorium der Universität Leiden erbaut. In den ersten beiden Jahrhunderten setzte man die Sternwarte vor allem für Ausbildungszwecke ein. Im Jahr 1861 wurde ein neues und größeres Observatorium unter der Leitung von Frederik Kaiser gebaut, der der Sternwarte eine wissenschaftliche Ausrichtung gab. So hatte die Sternwarte Leiden nach ihm viele Direktoren von Weltruf, u.a. Willem de Sitter, Ejnar Hertzsprung und Jan Hendrik Oort. In den 1920er Jahren war auch Albert Einstein häufiger zu Besuch an der Universität Leiden, weil er dort eine Gastprofessur unterhielt, die er hauptsächlich als Gefallen für seinen Freund Hendrik Antoon Lorentz wahrnahm. Aus dieser Zeit gibt es dort in dem Observatorium mit der größten Kuppel den sog. Einstein-Stuhl, der von ihm laut Überlieferung mehrmals – und durch unser AVL-Mitglied Peter Steffen einmalig – verwendet wurde. In den verschiedenen Kuppeln sind immer noch Refraktoren und Spiegelteleskope im Einsatz, die heute aber nicht mehr wissenschaftlich, sondern von Hobbyastronomen verwendet werden. Diese wurden ebenfalls von der AVL besichtigt, nachdem man einen sehr interessanten Vortrag über das Observatorium und die Astronomie-Geschichte der Stadt Leiden und den Niederlanden im Allgemeinen gehört hatte.

Am zweiten Tag war man ganztägig bei der European Space Research and Technology Centre (https://www.esa.int/About_Us/ESTEC ) eingeladen. Möglich machten das die guten Beziehungen von Stefan Thürey, der dort 27 Jahre gearbeitet hatte und die AVL-Gruppe auch teilweise selbst herumführte. Das Europäische Weltraumforschungs- und Technologiezentrum ist Teil der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) mit Sitz in Noordwijk. Hier findet ein Großteil der technischen Planung und der Koordination mit der Industrie für die Missionen statt. Man könnte den Sitz daher ein bisschen mit dem Weltraumbahnhof Cape Canaveral der NASA in Florida vergleichen, nur dass in Noordwijk keine Raketen in den Weltraum starten. Im ESTEC werden auch die Satelliten (u.a. die Galileo-Satelliten von OHB aus Bremen) auf ihre Tauglichkeit für Weltraumbedingungen getestet. Dazu gehören u.a. Vibrations- und Schocktests, Thermal-/Vakuum-Tests und Weltraumsimulation sowie Tests für Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV). Des Weiteren sind auch Labors für die Materialprüfung in der ESTEC untergebracht. Die AVL-Mitglieder wurden durch verschiedene Gebäudebereiche geführt und besichtigten einen Ausstellungsraum der ESTEC, indem u.a. eine echte Sojus-Kapsel, die schon einmal im Weltraum war, zu bestaunen war. Zusätzlich wurden 3D-Filme von der Internationalen Raumstation ISS und dem Astronautentraining in den Höhlen von Sardinien gezeigt, die sehr beeindruckend waren. Am Nachmittag berichteten dann vier wissenschaftliche Projektleiter über die jeweiligen Missionen, die von ihnen betreut werden oder wurden. So erfuhren die Teilnehmer einiges über die aktuelle Sonnenerforschung, welche Stoffe sich in den Gaswolken des Weltraums befinden, wie man mehr über den Planeten Merkur erfahren möchte und was die Ergebnisse der Rosetta-Mission am Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko ergeben haben. Dabei war allen Vortragenden anzumerken, wie sehr sie sich mit ihren jeweiligen Missionen identifizierten.

Am dritten Tag wurde abschließend die Space Expo Noordwijk (https://www.space-expo.nl/de) besichtigt. Besucher können dort eine Entdeckungsreise durch das Universum unternehmen. So lassen sich echte Meteoriten berühren, Wasserstoffraketen abfeuern oder erfahren wie es sich auf dem Mond springen lässt. Zusätzlich gibt es eine Ausstellung mit 100 Objekten, die tatsächlich im Weltraum waren, wie die ursprüngliche Sojus-Kapsel von André Kuipers. Außerdem wird viel Wert auf die Geschichte der Raumfahrt gelegt und man kann durch ein Modell der Internationalen Raumstation (ISS) gehen. Dort ist sogar der Blick auf unseren Planeten möglich, der in Echtzeit durch die Sichtfenster an einem vorbeizieht, inkl. sich bewegender Polarlichter. Ein Highlight ist das lebensgroße Modell der Apollo-Mondlandefähre von der ersten Mondlandung aus dem Jahr 1969. Es gab keine festgelegte Route durch die Ausstellung, weshalb jeder Teilnehmer die Geschichte der Raumfahrt selbst entdecken konnte. Es ließen sich daher ohne Probleme einige Stunden dort verbringen.

Danach hieß es nach einem gemeinsamen Mittagessen Abschied nehmen, da die Rückfahrt wieder angetreten werden musste. Während noch vier Teilnehmer in Noordwijk blieben, um u.a. der Stadt Leiden einen erneuten Besuch abzustatten, machte sich die Restgruppe wieder auf den Heimweg. Trotz des norddeutschen Schietwetters in den drei Tagen gab es nur zufriedene Gesichter, denn alle hatten viele neue Informationen bekommen und einige Eindrücke zu verarbeiten.

Einen ausführlicheren Bericht zur Vereinsfahrt nach Noordwijk wird es in der HiPo-Ausgabe 61 nachzulesen geben.

Text: Dr. Kai-Oliver Detken
Bilder: Ernst-Jürgen Stracke, Jürgen Adamczak, Dr. Peter Steffen, Dr. Kai-Oliver Detken

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