Schon ab 4.30 Uhr am Dienstag, den 6.6.2012 hatten sich 2 bis 3 Dutzend AVL-Mitglieder und Interessierte auf dem Wiesenweg nördlich der AVL-Sternwarte in Lilienthal-Wührden eingefunden, um zum zweiten und letzten Mal in diesem Jahrhundert das seltene Ereignis des Venustransits zu beobachten.
Auf dem Wiesenweg, der einen freien Blick auf den Horizont ermöglichte, wurden zahlreiche Stative mit Fernrohren verschiedener Art – manche mit automatischer Nachführung – aufgebaut und genau auf die langsam immer heller werdende Stelle am Nordosthorizont gerichtet, an der die Sonne als gelb-rote Scheibe aufgehen würde. Dass es um eine Sonnenbeobachtung ging, war anhand der silbrig glänzenden Sonnenschutzfolien, mit denen die Frontlinsen der Instrumente abgedeckt waren, jedem Kundigen sofort ersichtlich. Etliche Beobachter waren auch mit den ausleihbaren Sonnenfinsternisbrillen ausgerüstet. Sicherheitshalber wurden die Besucher noch einmal eindringlich davor gewarnt, mit ungeschützten Augen in die Sonne zu blicken.
Als es dann soweit war, war die Begeisterung riesig. Die Venus stand als scharf abgegrenztes kreisförmiges, schwarzes Scheibchen weit im oberen Drittel der Sonnenscheibe. Diese durchquerte sie von Ost nach West und hatte bei Sonnenaufgang in Mitteleuropa schon die Hälfte ihres Transitweges zurückgelegt. (Im Jahre 2004 dagegen konnte man einen vollständigen Venusdurchgang vom östlichen bis zum westlichen Sonnenrand beobachten – noch dazu bei wolkenfreiem Himmel.) Leider währte die Freude nur wenige Minuten; denn kaum dass die Sonne vollständig über den Horizont aufgestiegen war, hatte sie auch schon das an diesem Morgen nur schmale Wolkenfenster passiert und war für mehr als 90 Minuten im Wolkendunst verschwunden. Vergeblich versuchten interessierte Besucher fröstelnd und etwas frustriert an den Fernrohren oder mit ihren Sonnenschutzbrillen die schwarze Venus zu erspähen, wenn sich die Wolkendecke zeitweise aufhellte.
Zum Glück war das von Herrn Weingärtner geleitete Fernsehteam der Sendung "Buten un Binnen" von Radio Bremen rechtzeitig mit seiner Kamera in Aufnahmeposition, um die Beobachtungen und die aufgehende Sonne mit der davor stehenden Venus aufzunehmen und den Fernsehzuschauern in der Vorabendsendung zeigen zu können:
http://www.radiobremen.de/mediathek/index.html?id=070569
Aber auch der Hörfunk berichtete um 12.15 Uhr über das große astronomische Ereignis und unsere Aktion und sendete über Radio Bremen Eins ein Interview, das Reporterin Grit Thümmel an den Beobachtungsständen am frühen Morgen geführt hatte. http://www.radiobremen.de/wissen/themen/venustransit130.html
Dann, etwa 10 min vor dem Austritt der Venus aus der Sonnenscheibe – manche Interessierte waren schon gegangen – trat die Sonne wieder aus dem Dunst hervor. Und noch einmal war die schwarze Venus sichtbar - jetzt schon fast am rechten Rand der Sonnenscheibe angelangt. Wieder war die Begeisterung bei allen spürbar.
Wie vorausberechnet löste sich das schwarze Scheibchen, das fast genau so groß wie unsere Erde ist, pünktlich um 6.51 Uhr scheinbar von der Sonnenscheibe ab. In der letzten Minute des Transits war die Venus nur noch als eine kleine runde Eindellung am rechten oberen Sonnenrand wahrnehmbar, und kurz darauf sah die Sonne wieder aus wie immer. Das frühe Aufstehen und das Frieren hatten sich gelohnt. Enttäuschend war es nur für diejenigen, die zu spät gekommen und zu früh gegangen waren.
Den nächsten Venustransit kann man am 11. Dez. 2117 beobachten.
Text: Heinrich Köhler, AVL
Fotos: K.-O. Detken, C. Gäbe, J. Ruddek, H. Schröter, U. Spiecker, E-J. Stracke, alle AVL