Einmal im Jahr jeweils am 15. September findet die sog. Earth Night statt. Hierbei werden weltweit die Menschen aufgefordert die ganze Nacht ihr Außenlicht auszuschalten, um wenigstens einmal im Jahr eine natürliche dunkle Nacht erleben zu können. Denn dies ist den meisten Menschen nicht mehr vergönnt. Die Paten der Nacht haben sich seit 2019 daher dem Thema Lichtverschmutzung angenommen und bis heute 200 Gemeinden im deutschsprachigen Raum dazu bewegen können mitzumachen. Zusätzlich konnte man noch Gemeinden in Frankreich, den USA und Australien gewinnen. Auch Oyten ist dieses Jahr mit von der Partie und lud deshalb ins Rathaus zu einer Informationsveranstaltung mit anschließendem Sterngucken ein, weshalb auch die AVL als kompetenter Ansprechpartner eingeladen wurde.
Im Bürgersaal des Rathauses von Oyten stellte der Referent Manuel Philipp, Geschäftsführer der Paten der Nacht gGmbH und Astrophysiker von Beruf, die Ursachen und Folgen von zu viel Licht zur falschen Zeit sowie Lösungen für eine umweltgerechte, nachtschonende Beleuchtung vor. Er war dabei allerdings nicht selbst anwesend, sondern aus Bayern remote zugeschaltet. Gleichzeitig wurde die Veranstaltung auch per YouTube aufgezeichnet, so dass der Vortrag auch nachträglich angesehen werden kann. In rund 90 min erläuterte der Referent was Lichtverschmutzung eigentlich ist und welche schädliche Wirkung von ihr ausgeht. Die Earth Night ist im Sommer 2020 ins Leben gerufen worden, um auf den Umstand der jährlich zunehmenden Lichtverschmutzung hinzuweisen. Sinnlos leuchtendes sowie fehlgelenktes Licht ist pure Energieverschwendung und schadet außerdem dem Klima. Das ist laut dem Referenten allgemein bekannt. Kaum bekannt ist allerdings der Allgemeinheit, was dieses Licht darüber hinaus noch alles anrichtet: es lässt den Sternenhimmel verblassen und macht den Schlaf weniger erholsam. Es irritiert Pflanzen und lenkt Vögel auf ihre Zugrouten fehl. Es tötet im Sommer hundert milliardenfach Insekten, die uns und der Natur dann als Bestäuber sowie den meisten Tieren als Hauptnahrungsquelle fehlen. Ganze Ökosysteme geraten wegen des vielen Lichts zur falschen Zeit daher aus dem Takt.
Teilweise belegte der Referent mit eindrucksvollen Beispielen seine Thesen. So wurde beispielsweise ein von einem senkrecht nach oben leuchtenden Erdscheinwerfer beschienener Baum gezeigt, der im Gegensatz zu seinen Nachbarbäumen im Herbst seine Blätter behielt, da für ihn das Licht immer noch Sommerzeit suggerierte. Er ist dementsprechend dem Winter schutzlos ausgeliefert und wird wahrscheinlich eingehen. An Beleuchtungsszenarien wurde zudem verdeutlicht, welche Außenlampen überhaupt nicht geeignet sind (z.B. 360-Grad-Rundstrahler) und wie man effizienter dunkle Bereiche ausleuchten kann. Hier gibt es inzwischen eine Vielzahl von intelligenten Leuchtkonzepten, die Licht nur nach Bedarf zur Verfügung stellen. Dies kann auch bereits mit Bewegungsmeldern oder Zeitschaltuhren verbessert werden. Leider hat die LED, die nur ein Bruchteil der Kosten von herkömmlichen Leuchtmitteln verursacht, nicht zu einer sparsameren intelligenteren Nutzung geführt, sondern das Problem der hellen Nächte noch deutlich verschärft. Viel hilft in diesem Fall aber nicht viel, wie der Referent betonte. So liegt beispielsweise die übliche Beleuchtungsstärke von Wohnstraßen bei bis zu 15 Lux. Es reichen aber im Grunde 1-2 Lux völlig aus, um in der Nacht Wege zu erkennen und sich sicher zu fühlen. Denn 1 Lux sind bereits ca. 5 Vollmondstärken! Bei 15 Lux werden also 75 Vollmondstärken eingesetzt, um die Nacht buchstäblich zum Tag werden zu lassen. Das schädigt das Gesundheitssystem von Menschen und Tieren gleichermaßen und hat mit Sicherheitskonzepten nichts mehr zu tun. Leider gibt es hier keine Regularien, um zu viel Licht zu verbieten und die Politik hat sich dem Thema noch viel zu wenig angenommen.
Im Anschluss an den sehr interessanten Vortrag von Manuel Philipp wurde dann die AVL mit ihren Schwerpunkten und Arbeitsgruppen von Kai-Oliver Detken vorgestellt, während Gerald Willems das Telescopium, die Geschichte Lilienthals und den aktuellen Sternenhimmel präsentierte. Abschließend gingen alle Teilnehmer nach draußen, wo mittels Laserpointer die eben noch theoretisch gezeigten Sternbilder live gezeigt werden konnten. So konnte dieser Abend mit einer Beobachtung abgeschlossen und anhand der noch nicht abgeschalteten Straßenbeleuchtung praktisch demonstriert werden, wie schwierig es unter diesen Umständen ist, unseren Sternhimmel zu beobachten. Daher wurde noch von der AVL auf den Astronomietag Ende Oktober in Wührden hingewiesen, der mit der Nacht der Teleskope bei schönem Wetter kombiniert wird, um mit Teleskopen und Ferngläsern den Himmel in seiner ganzen Schönheit ohne andere Lichtquellen zu erkunden.
Text und Bilder: Dr. Kai-Oliver Detken