AKAG-Tagung fand zwischen dem 16.-18. September in Bremen/Lilienthal statt

AKAG-Tagung fand zwischen dem 16.-18. September in Bremen/Lilienthal statt

Die Tagung des Arbeitskreises Astronomie-Geschichte in der Astronomischen Gesellschaft (AKAG), die von Prof. Gudrun Wolfschmidt organisiert wurde, fand zwischen dem 16.-18. September in Bremen und Lilienthal statt. Für die Organisation wurden im Vorfeld die Olbers Gesellschaft und die AVL angesprochen, damit ein reibungsloser Ablauf vor Ort gewährleistet werden konnte. Die Tagung beschäftigte sich mit Instrumenten, Methoden und Entdeckungen für innovative Entdeckungen in der Astronomie und fand am Wochenende in der Hochschule für Nautik in Bremen statt. Am Freitag besichtigten die Teilnehmer das Telescopium in Lilienthal, denn zum geschichtlichen Hintergrund und zum Wiederaufbau gab es ebenfalls einen Vortrag auf der Tagung.

In der Geschichte der Wissenschaften und in der Astronomie gab es in der Vergangenheit bis heute neue Instrumente, Entdeckungen und Erfindungen, die richtungsweisend für den weiteren Verlauf der Forschung waren. Dabei ging es den Astronomen und den Instrumentenbauern um die gezielte Suche nach Erklärung eines Phänomens oder um die Bestätigung einer Theorie. Es wurden aber auch durch Zufall neue Phänomene entdeckt, die dann einer Erklärung bedurften und eine neue Theorie oder einen neuen Instrumentenkomplex ergaben. Solche Meilensteine in der Geschichte der Astronomie sind beispielsweise die Erstveröffentlichung des heliozentrischen Weltbildes im Jahr 1543, die Erfindung des Fernrohrs im Jahr 1609 oder die Entdeckung der 3-Kelvin-Strahlung im Jahr 1965. Weitere Beobachtungen wie Tycho's Supernova von 1572, die Erfindung des Mikrometers ab 1609, die Erfindung des Meridiankreises, die Einführung von Computern oder die Anwendung der Spektralanalyse beim Licht der Himmelskörper seit 1859 können ebenfalls genannt werden.

Abbildung 1: Teilnehmergruppe vor dem Telescopium in Lilienthal
Abbildung 1: Teilnehmergruppe vor dem Telescopium in Lilienthal

Daher stand natürlich am Freitag die Besichtigung des Telescopium auf dem Programm, denn Johann Hieronymus Schroeter baute Ende des 18. Jahrhunderts das größte Teleskop des europäischen Festlands in Lilienthal mit sehr guten optischen Fähigkeiten. Das Wetter meinte es an diesem Tag, wie an dem gesamten Wochenende, allerdings weniger gut mit den Teilnehmern, denn es fiel permanent Regen vom Himmel. Der Einführungsvortrag von Gerald Willems konnte aber im Trockenen im Besucherraum gehalten werden und wurde zeitlich deshalb etwas ausgedehnt. Danach gab es ein Lichtblick, denn der Regen hielt sich während der Führung am Teleskop durch Helmut Minkus zurück, so dass zwar keine Beobachtung stattfinden konnte, aber immerhin genug Zeit für Erläuterungen und Fragen vorhanden waren. Der Abend wurde dann gemeinsam im nahgelegenen griechischen Restaurant verbracht.

Abbildung 2: Tagungsort war die Hochschule für Nautik in Bremen
Abbildung 2: Tagungsort war die Hochschule für Nautik in Bremen

Am Samstag stand das eigentliche Tagungsprogramm auf der Agenda. Der Einführungsvortrag wurde dabei von Prof. Gudrun Wolfschmidt selbst gehalten, die über die geschichtliche Entwicklung des Fernrohrs bis hin zu den heute größten Teleskopen in Chile berichtete. Radioteleskope blieben dabei ebenfalls nicht unerwähnt, die sich aus der Radartechnik des zweiten Weltkriegs entwickelten. Mit der Entdeckung der Hintergrund-Strahlung (Big-Bang-Theorie) bis hin zu den leistungsfähigen Weltall-Teleskopen Hubble Space Telescope (HST) und James Web Telescope (JWT) schloss der Vortrag.

Im Anschluss daran berichtete Susanne Hoffmann über die Innovation des Event Horizon Telescope (EHT). Das EHT ist ein Verbund von Radioteleskopen, um mittels Very Long Baseline Interferometry (VLBI) weit entfernte Schwarze Löcher zu untersuchen. Die erste Abbildung eines Schwarzen Lochs wurde damit im April 2019 erreicht, indem die ersten hochauflösenden Aufnahmen des aktiven Kerns der Galaxie Messier 87 der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Zusätzlich zu dem bekannten Bild von Messier 87 wurde das Schwarze Loch unserer Milchstraße fotografiert. Dies gelang auch, obwohl es viel kleiner war

Abbildung 3: Schwarze Löcher im Bildvergleich
Abbildung 3: Schwarze Löcher im Bildvergleich

Dr. Kai-Oliver Detken von der AVL berichtete danach in Vertretung von Hans-Joachim Leue über den Wiederaufbau des 27-füßigen Spiegelteleskops. Dabei ging er auch auf die Astronomen Karl Ludwig Harding, Friedrich Wilhelm Besser und Heinrich Olbers ein, die neben J. H. Schroeter in Lilienthal wirkten. Durch das Teleskop erlangte Schroeter Berühmtheit und Anerkennung weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Mit Harding zusammen experimentierte er mit dem Zusatz Arsen bei der Spiegelherstellung, um eine weißglänzende Oberfläche zu erhalten. Dies stand im Gegensatz zu den Herschel-Spiegeln, die ausschließlich aus Zinn und Kupfer bestanden. Abschließend wurde über den Wiederaufbau des 27füßigen Teleskops berichtet. Nach diversen Anläufen entstand im Jahr 2015 eine abgespeckte Version der ursprünglichen Planung. Trotz weniger Zeichnungen des Originals konnte das Teleskop wieder hergerichtet werden, so dass im November die Einweihung mit ESA-Ehrengast Thomas Reiter stattfinden konnte.

Ein weiterer Vortrag beschäftigte sich bei Katrin Cura mit dem Urenkel von Wilhelm Olbers, der allerdings Botaniker neben dem Arztberuf war. Sein Fachgebiet waren die Brombeeren und er entwickelte Theorien über die Entstehung neuer Arten, die allerdings umstritten waren. Mit den Grundlagen des Astrolabiums im Schmuck nordischer Bronzezeit beschäftigte sich hingegen Astrid Wokke. Sie hatte dazu die Muster auf Gürtelscheiben und Halskragen stereografisch vermessen und meinte herausgefunden zu haben, dass hier astronomische Kenntnisse eine Rolle gespielt haben müssten. Romke Schievink berichtete vom Wunder von Jena, das über das vergessene Planetarium Zeiss Model 1b handelte. Dieses Planetarium wurde auch als Ptolemäus-Planetarium bezeichnet, da die Erde nicht enthalten war und die Sonne quasi im Mittelpunkt stand. Es wurde zufällig wiedergefunden und aufwendig restauriert. Karsten Markus-Schnabel knüpfte daran an und berichtete über eine Sternkammer in Lübeck, die ein Planetarium darstellt und 2017 wiederentdeckt wurde. Die Besichtigung des Bremer Planetariums durfte natürlich auch nicht fehlen, welches mit einer Neuerung aufwarten konnte. Denn der alte Zeiss-Projektor ZKP2 wurde inzwischen durch einen 4k-Beamer mit Fisheye-Objektiv abgelöst. Zusätzlich plant man in Bremen ein neues größeres Planetarium. Die neue Beamer-Variante bildete die Sterne allerdings nicht mehr so scharf wie ihr Vorgänger ab, konnte dafür aber die neuen digitalen Möglichkeiten nutzen, wie das hineinzoomen in Nebelregionen.

Abbildung 4: Carsten Busch erläutert den Begriff der Thermodynamik
Abbildung 4: Carsten Busch erläutert den Begriff der Thermodynamik

Abschließend erläuterte noch Carsten Busch wie Schwarze Löcher ihre Schwärze verloren. Der Physiker John Wheeler stellte zu Beginn der 1970er Jahre zur Debatte, was wohl mit der Entropie einer heißen Tasse Tee geschieht, die in einem Schwarzen Loch verschwindet. Durch diese Fragestellung wurde u.a. Stephen Hawking zu bahnbrechenden theoretischen Arbeiten angeregt. Schwarze Löcher müssen demnach eine Temperatur besitzen, wenn sie eine Entropie haben und laut Hawkings damit auch etwas abstrahlen: es wurde die Hawking-Strahlung formuliert. Daher müssten Schwarze Löcher ebenfalls eine endliche Lebenszeit besitzen.

Die Tagung bot einen interessanten Mix zwischen den Innovationen der Vergangenheit und der Gegenwart. So war sicherlich für jeden Teilnehmer etwas dabei. Die Olbers-Gesellschaft verstand sich als perfekter Ausrichter der Tagung und die AVL konnte durch die Besichtigung des Telescopium etwas Praxis in die Vortragsreihen mit einbringen. Letztendlich war es daher ein sehr interessantes Wochenende, wobei nur Abstriche beim Wetter gemacht werden musste.

Text: Dr. Kai-Oliver Detken

Bilder: Prof. Dr. Gudrun Wolfschmidt (Abbildung 1) & Dr. Kai-Oliver Detken (Abbildung 2-4)

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