38. BoHeTa erneut mit AVL-Vortragsbeteiligung

Die Bochumer Herbsttagung – kurz BoHeTa – fand traditionsgemäß an der Ruhr-Universität Anfang November zum bereits 38. Mal statt. Es luden erneut Peter Riepe und Prof. Dr. Ralf-Jürgen Dettmar gemeinsam zur Tagung ein, die auch in diesem Jahr wieder mit vielen interessanten Vorträgen aufwarten konnte. In dem 9-Stunden-Programm war auch die AVL mit dem Thema Kontinuumssubtraktion vertreten, welches auf natürliche Farbgebung in der Astrofotografie trotz der Verwendung von Schmalbandfiltern einging. Damit wurde zum vierten Mal in Folge ein eigener Beitrag präsentiert. Premiere war der kostenlose Besuch der BoHeTa, die sich neuerdings ausschließlich von Spenden finanzieren möchte.

Die Einführung zur Tagung beinhaltete eine kurze Vorstellung der Vereinigung der Sternfreunde (VdS), da doch einige neue Teilnehmer zu verzeichnen waren. In der Mittagspause war eine Führung zum Tandem-Beschleuniger und eine Virtual-Tour von Chiles Nachthimmel vorgesehen. Man startete pünktlich mit dem ersten Vortrag, der sich mit dem Bau einer privaten Sternwarte auseinandersetzte. Trotz diverser Umzüge in der Vergangenheit ließ es sich Thomas Wahl nicht nehmen in einer relativ lichtversuchten Neubausiedlung im Ruhrgebiet erneut seine eigene Sternwarte in den Garten zu stellen. Durch den Kontakt zum Tiefbauamt konnte er dabei sogar erreichen, dass die Straßenlaternen für ihn bis zu 50% abgeschirmt wurden. Man sollte daher nach Meinung des Referenten die Hoffnung nicht zu schnell aufgeben, wenn man mit Lichtverschmutzung zu kämpfen hat. Neben einem imposanten Kuppelbau wurden zwei separate Beobachtungsplattformen zusätzlich im Garten geschaffen. Ein schneller Abbau der Kuppel wurde dabei mit eingeplant, falls ein weiterer Umzug einmal zukünftig wieder stattfinden sollte.

Im Anschluss an den ersten mit Bildern etwas überladenen Vortrag berichtete Dr. Sighard Schraebler von dem Einschlag auf der Mondoberfläche, der während der Mondfinsternis im Januar 2019 stattfand und den er zufällig aufgenommen hatte. Er sprach nach Sichtung seiner Aufnahmen Peter Riepe als Leiter der VdS-Gruppe Astrofotografie an, der wiederum Silvia Kowollik von der VdS-Gruppe Planeten mit ins Boot holte. Gemeinsam war man sich sicher ein außergewöhnliches Ereignis festgehalten zu haben, was durch das Interesse des Chefredakteurs Dr. Uwe Reichert vom Spektrum der Wissenschaft zusätzlich bestätigt wurde. Inzwischen ist sogar eine Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern zustande gekommen und erste Fachveröffentlichungen sind in Vorbereitung.

Bernd Gährken (www.astrode.de), der im Grunde auf keiner BoHeTa fehlen darf, berichtete danach über Nachtlandschaften über Chile. Sein Thema waren sog. Nightscape-Aufnahmen, die immer beliebter werden. Man benötigt dafür lediglich eine normale Kompaktkamera. Mittels der Open-Source-Software Magic Lantern (https://www.magiclantern.fm) kann dabei sogar ohne zusätzlichen Timer direkt mit einer Canon-Kamera losgelegt werden. Die Software wird dafür direkt auf die SD-Karte gespielt und vor dem Einschalten in die Kamera geladen. Dadurch, dass dabei die Firmware nicht angepasst wird, ist auch kein Verfall der Herstellergarantie zu befürchten. Eine interessante Software, die eindrucksvoll Bildserien automatisiert ermöglicht, auch wenn nicht alle Canon-Kameras damit kompatibel sind. Man sollte also vorab einmal die unterstützten Modelle studieren.

Zum Abschluss des ersten Blocks berichtete Claudia Henkel noch über die Bündelung der Astronomie-Aktivitäten in Deutschland. Viele Hobbyastronomen sind über Deutschland verteilt, weshalb man in dieser VdS-Initiative zentrale Anlaufstellen für verschiedene Regionen bieten möchte. Auch die AVL ist auf der Webseite „Astronomie in Norddeutschland“ (www.astronomie-nord.de) entsprechend gelistet.

Im zweiten Vortragsblock berichtete Wolfgang Bischof (www.magicviews.de) über die verborgene Vielfalt der Farben des Mondes. Für die meisten Menschen besteht der Mond nur aus „Fifty Shades of Grey“, wie er humoristisch ausführte. Aber der Mond besitzt durchaus ein Farbspektrum, das bei Farbaufnahmen durch die Variation von Dynamik und Sättigung zum Vorschein kommt. Dabei bleibt die Farbverstärkung am Mond einem „Hauch von Willkür“ unterworfen. Er stellte daher seine Methode vor, um den Mond mit Farben darstellen zu können und so dem Mineraliengehalt auf die Spur zu kommen.

Danach ging es um die neue Astronomie-Software PlanetarySystemStacker (https://github.com/Rolf-Hempel/PlanetarySystemStacker) von Rolf Hempel. Nach eigener Meinung möchte er damit andere Astro-Programm der Vergangenheit ablösen. So sind RegiStax, AviStack und Giotto zwar gute Programme, werden aber seit geraumer Zeit nicht mehr weiterentwickelt. AutoStakkert!3 ist das einzige noch aktuelle Projekt, welches aber wie die anderen Software-Varianten Closed-Source ist, weshalb nur der Hauptentwickler Änderungen vornehmen kann. Hinzu kommt, dass die verwendeten Algorithmen nicht offengelegt werden. Angestrebt wird deshalb von ihm ein Open-Source-Community-Projekt an dem beliebig viele Menschen mitarbeiten können. Sein Programm ist bereits einsatzfähig und für Mondbilder optimiert. Bei Planeten hatte noch AutoStackkert!3 leicht die Nase vorne, was der Autor in Zukunft ändern möchte.

Im Anschluss wurde es dann wieder etwas astronomischer, indem die Eigenbewegung und Parallaxe von Barnards Pfeilstern mit professionellen Remote-Teleskopen von Prof. Dr. Udo Backhaus (www.astronomie-und-internet.de) von der Universität Duisburg/Essen selbst gemessen wurden. Denn die Fixsterne sind trotz ihres Namens nicht fest am Sternhimmel verankert. Barnards Pfeilstern ist dabei besonders schnell unterwegs, weshalb seine Eigenbewegung untersucht wurde. Dafür stand das Projekt MONET (Monitoring Network of Telescopes) der Universität Göttingen (monet.uni-goettingen.de) zur Verfügung. So konnten Bilder aus einigen Jahren ausgewertet werden. Dabei wurde ebenfalls die Parallaxe ermittelt. Da aber während der langjährigen Messungen das Teleskop kaputt ging, musste auf ein anderes zugegriffen werden, dessen Messungen dann aber nicht mehr zu den ursprünglichen passten. Warum dies so ist, wird noch untersucht.

Die Verleihung des Reiff-Preises für Amateur-/Schularbeit 2019 (www.reiffstiftung.org) wurde wieder souverän von Dr. Carolin Liefke übernommen. Dieser hat zum Zweck Schulprojekte zu fördern, die die Astronomie Kindern und Jugendlichen näherbringen soll. Als Sieger wurden die Kindertagesstätte „die Holzwürmer“ aus Eschelbronn, die Sternwarte Burgsolms Volkssternwarte Mittelhessen, die Hans-Nüchter-Sternwarte in Fulda und das Sprachen- und Realgymnasium „Nikolaus Cusanus“ Bruneck ausgezeichnet.

Der anschließend traditionelle Reiff-Vortrag von Dr. Dietrich Baade, ehemaliger ESO-Mitarbeiter (www.eso.org), beschäftigte sich dann mit der berühmten Frage des Hamlets von Shakespeare: to Be or not to Be. Damit waren aber in erster Linie Be-Sterne gemeint. Die Ruhr-Universität in Bochum war einmal ein wichtiges Zentrum zur Erforschung dieser Be-Sternen, die 1866 zum ersten Mal von Pater Angelo Secchi am Vatikan-Observatorium gefunden wurden. Be-Sterne sind Sterne der Leuchtkraftklasse V, VI oder IIII, die eine Wasserstoff-Balmerlinie besitzen. Sie kommen aus der sehr frühen Phase unseres Universums und rotieren sehr schnell. Warum sie so schnell rotieren ist dabei noch völlig unbekannt. Der NASA-Satellit TESS (https://www.nasa.gov/tess-transiting-exoplanet-survey-satellite) überwacht zwischen 2018 und 2020 ca. 200.000 Sterne, darunter werden sich auch Be-Sterne befinden. Das ist deshalb so spannend, weil man mit ihrer Hilfe die Sternentstehung studieren kann. Der Amateurvortrag von Ernst Pollmann knüpfte daran an und beschäftigte sich mit dem Doppelsternsystem VV Cephei. Dies ist ein Riesendoppelsternsystem im Vergleich zu unserer Sonne, welches eine Schock-Front beinhaltet. Hier entstehen Ha-Emissionen, die sich gegenseitig überlagern.

Peter Köchling holte dann die Teilnehmer wieder in der Astrofotografie ab, indem er über die notwendige Erstellung von Flatfields zur Bildebnung berichtete. Die Vorgehensweise dazu wurde am OwAS-Stammtisch (http://www.balkonsternwarte.de/OwAS/index.htm), der ursprünglich von Oliver Schneider ins Leben gerufen wurde, erarbeitet. Als Lösung wurde ein Light-Dummy präsentiert, der über die Nacht erstellt wird und Anpassungen jedes Kanals eines Flats durchführt. Zur Umsetzung wurden zwei Bearbeitungsmöglichkeiten durchgespielt: Fitswork und PixInsight. Abschließend wurde sogar ein Vorschlag für die PI-Entwickler gemacht, denn eine Automatisierungsroutine der Flatfield-Korrektur in PixInsight würde eine Menge manueller Arbeit abnehmen.

Der vorletzte Vortrag beschäftigte sich dann wieder mit der Mehr-Spektralbereichs-Fotometrie. Prof. Dr.-Ing. Peter C. Slansky (www.peter-slansky.de) erläuterte am Beispiel einer digitalen Fotokamera und der Perseiden-Feuerkugel IMO 3414-2018 , die er selbst beobachtet und fotografiert hatte, wie man den Terminal Flash und das Phänomen des weitgefächerten, nachleuchtenden bläulichen Himmelsleuchten (Skyglow) untersuchen kann. So konnte die Größe der Feuerkugel auf 4-8 km errechnet werden. Bei der diesjährigen Mondfinsternis wurde eine Ausmessung des Monds über sieben Messfelder vorgenommen. Aus beiden Arbeiten sind Fachveröffentlichungen entstanden.

Zum Abschluss stellte Dr. Kai Wicker (www.photonenfangen.de) von der Fotogruppe der AVL vor, wie man trotz Lichtverschmutzung natürliche Farben beibehält. Dazu kombiniert er Schmalband- mit RGB-Aufnahmen. Anhand von Bildbeispielen verdeutlichte er dabei seine Vorgehensweise, um R/G/B-Einzelaufnahmen oder Ha/ OIII/SII-Aufnahmen miteinander zu verbinden. Anhand der Bildbeispiele Coccon-Nebel, Messier 97 und Jones Emberson 1 konnten die Objekte durch seine Bearbeitungsmethode der Kontinuumssubtraktion deutlich besser herausgearbeitet werden, als dies bei reinen RGB-Aufnahmen an seinem Standort möglich gewesen wäre. Der Vortrag war damit ein schöner Abschluss eines langen und wieder sehr informativen Tages. Der nächste BoHeTa-Termin wurde ebenfalls schon bekanntgegeben, der natürlich auch wieder an der Ruhr-Universität in Bochum stattfinden wird: 31. Oktober 2020.

Text: Dr. Kai-Oliver Detken
Bild: Dr. Kai-Oliver Detken

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