36. BoHeTa mit Themenschwerpunkt aktive Galaxienkerne und SoFi-Rückblick

Die Bochumer Herbsttagung (BoHeTa) bot auch in diesem Jahr wieder einen interessanten Mix aus Erfahrungsberichten von Hobbyastronomen sowie Ergebnisse von Forschungsaktivitäten, die sich dieses Mal mit aktiven Galaxienkernen beschäftigten. Trotz der Nutzung eines anderen Hörsaals, der deutlich schwerer auf dem Gelände der Ruhr-Universität Bochum zu finden war, nahmen an der Veranstaltung rund 180 Besucher teil, die von Peter Riepe wieder hervorragend organisiert war. 

Den Anfang machte Bernd Gährken, indem er neues vom Zwergplaneten Haumea berichtete. Am 21.01.17 war mal wieder eine Sternbedeckung von ihm beobachtet worden. Dabei wurden Messungen von Hobbyastronomen aus ganz Europa gesammelt und ausgewertet. Es kam heraus, dass Haumea deutlich größer ist, als bisher angenommen wurde. Er übertrifft auf der länglichen Achse sogar den Zwergplaneten Pluto. Zusätzlich konnte zum ersten Mal ein Ring nachgewiesen werden! Die Ergebnisse wurden in einem Fachartikel veröffentlicht, indem Bernd Gährken als einer der Co-Autoren auftauchte, worauf man in der Tat stolz sein kann.

In dem zweiten Vortrag wurde der Traum einer eigenen Sternwarte von Peter Köchling von der Astronomischen Arbeitsgemeinschaft Geseke thematisiert. Dabei lag der Fokus u.a. auf einer preisgünstigen und einfachen Realisierung. Sein Tipp war, erst einmal mit einer eigenen Säule anzufangen. Durch Einsatz von zwei C11-Teleskopen wurde durch eine Knicksäule in Eigenarbeit die gleichzeitige Nutzung beider Tuben an einer EQ6-Montierung ermöglicht. Eine Sternwarte war der nächste Schritt seiner Verbesserungen. Dafür wurde eine Holzhütte um die bereits bestehende Säulenkonstruktion gebaut, um möglichst alle Seeing-Effekte zu vermeiden. Die Sternwarte wird dabei von unten gut belüftet, um den Boden schneller auskühlen zu lassen. Auch eine interne Luftzirkulation wurde eingeplant. Erfahrungswerte lagen aber leider noch nicht vor.

Über Mythen und Realitäten von Polarlichtern berichtete Stefan Krause von Eclipse-Reisenim nächsten Vortrag. So bestehen zu diesem Thema einige Vorurteile, die viele falsche Vorstellungen hervorrufen, wie beispielsweise dass es in Deutschland keine Polarlichter zu sehen gibt, was gerade dieses Jahr im September wiederlegt wurde. Eine andere Meinung ist, dass man mit Smartphones keine guten Ergebnisse bekommen kann. Die Unterschiede zu DSLR-Kameras lassen sich aber kaum noch unterscheiden, wie an einem Bild eindrucksvoll bewiesen wurde. Allerdings waren die Vergleichsbilder auch sehr klein. Weitere Mythenbeispiele (u.a. Farben von Polarlichtern, pulsierende Aurora) folgten, denen man keine Beachtung schenken sollte. 

Daniel Spitzer von den Sternfreunden Münster berichtete hingegen von Deep-Sky-Beobachtungen am lichtverschmutzten Waikiki-Strand auf Hawaii. Dazu hatte er nur Stativ und Kamera auf die Reise mitgenommen. Am Strand war trotz einer erheblichen Lichtmenge das "Kreuz des Südens" gut am Nachthimmel sichtbar. Es wurden einige Beobachtungen durchgeführt und Zeichnungen von den beobachteten Objekten angefertigt. Dabei handelte es sich meistens um offene Sternhaufen, die auch im Fernglas verschiedene Erscheinungsformen aufwiesen. Die eigenen Zeichnungen wurden anschließend mit aufgenommenen Bildern verglichen. 

Daniel Fischer von Abenteuer Astronomie unternahm mit den Teilnehmern im Anschluss eine Spritztour zu Argentiniens Feuerring. Er beantwortete dabei auch die Frage, warum sich 30.000-km-Reisen für wenige Minuten Extrem-Astrofotografie lohnen. Denn durch verschiedene SoFi-Reisen lassen sich diverse eigene Foto-Experimente machen. So zeigte er durch seine Aufnahmen, dass sogar die Chromosphäre der Sonne bei einer ringförmigen SoFi nachgewiesen werden kann. Wenn man keinen Filter bei einer ringförmigen SoFi verwendet, lässt sich sogar der Diamantenringe abbilden. Diverse SoFi-Aufnahmen aus verschiedenen Jahren wurden den Teilnehmern gezeigt. Abschließend wurden die Ergebnisse der SoFi in den USA präsentiert, die sich ebenfalls sehen lassen konnten.

Das war eine blendende Überleitung zu dem Vortrag von Kai-Oliver Detken, der auf die durchgeführte Vereinsreise der Astronomischen Vereinigung Lilienthal (AVL) mit insgesamt sechs Teilnehmern einging. Die Fahrt in die USA hatte dabei alle Aspekte einer SoFi-Reise, da Spannung durch das Wetter und die unvorhersehbare Verkehrslage garantiert war. In nur drei Wochen wurden 10 National- und State-Parks besichtigt sowie über 6.000 km zurückgelegt. Die SoFi selbst wurde bei optimalen Wetter miterlebt und fotografisch sowie visuell genossen. Neben eigenen Bildern wurden auch Ergebnisse von anderen VdS-Mitgliedern (Stefan Binnewies und Peter Remmel) präsentiert, die zeitgleich in anderen Bundesstaaten die SoFi miterlebten. Auf dem Rückflug konnten dann sogar noch Polarlichter aus dem Flugzeug heraus fotografiert werden, was durch einen Hinweis von Bernd Gährken über die VdS-Mailingliste ermöglicht wurde.

Die traditionelle Verleihung des Reiff-Preises für Amateur-/Schularbeit wurde wieder sehr professionell von Dr. Carolin Liefke durchgeführt. Ausgezeichnet wurden das Dr. Wilhelm Andre Gymnasium in Chemnitz (dritter Preis), die Sternwarte Siebengebirge (zweiter Preis) sowie die Leonore-Goldschmidt-Schule in Hannover (erster Preis).

Danach ging es zum Kernthema der BoHeTa über, indem Prof. Dr. Dominik Elsässer von der Universität Dortmund/Würzburg über Multiwellenlängen-Beobachtungen von aktiven Galaxienkernen berichtete. Er dozierte, dass aktive Galaxienkerne schon in der Frühgeschichte der Astronomie beobachtet wurden. 1943 veröffentlichte Carl K. Seyfert eine Liste naher Galaxien mit ungewöhnlichen Emissionslinien, die heute als Seyfert-Galaxien bekannt sind. Maarten Schmidt erkennt 1963 diese Linien als Balmer-Serie des Wasserstoffs, bei einer extrem hohen Rotverschiebung. Bei einem Galaxienkern muss es sich daher um ein Objekt handeln, das sehr weit entfernt ist und eine enorme Leuchtkraft besitzt. Es wurde damit herausgefunden, dass es sich bei diesen Galaxienkernen um Schwarze Löcher handelt, die im Zentrum betreffender Galaxien für die Energiefreisetzung verantwortlich sind. Damit spielen aktive Galaxienkerne in der Astronomie eine wichtige Rolle als Beobachtungswerkzeuge, etwa zum Nachweis intergalaktischen Wasserstoffs durch Absorptionslinien, als ferne Lichtquelle bei Gravitationslinsen oder als so gut wie unveränderliche Bezugspunkte für Astrometrie oder Geodäsie. Trotzdem sind noch lange nicht alle Fragen beantwortet. Unter anderem wird daher auf La Palma mittels der HEGRA-Teleskope (High Energy Gamma Ray Astronomy) weiter geforscht, um rotverschobene Gammaquellen zu finden.

Der nächste Vortrag von Christian Lorey zur Helligkeitsüberwachung aktiver Galaxienkerne an der Hans-Haffner-Sternwarte, ging weiter auf die Beobachtungspraxis ein. Das naturwissenschaftliche Schülerlabor umfasst dort diverse Labore, in der echte Probleme aus der Forschung behandelt werden. Die Hans-Haffner-Sternwarte wurde selbst errichtet und ist mit einer 3,7m-Kuppel ausgestattet. Hauptinstrument ist ein Astrograph CDK 20 mit 20“ auf der Montierung GM4000 von 10micron, was professionellen Ansprüchen absolut genügt. Dabei wird das selbstständige Arbeiten der Schüler gefördert, die auch den Messbetrieb selbst organisieren. Einige Schüler sind sogar nach der Schule dem Projekt erhalten geblieben. So kann Astronomie lebendig und nachhaltig vermittelt werden!

Danach wandte sich Rainer Kresken dem Asteroidensuchprogramm TOTAS (Teide Observatory Tenerife Asteroid Survey) zu, welches ein weiteres Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit von Profis und Amateuren ist. Er stellte eines Tages direkt da das Optical Ground Station (OGS) auf Teneriffa die Frage, ob man es nicht für die Suche nach Asteroiden verwenden könnte und bekam eine positive Antwort! Bei der Suche muss man sich dabei auf einzelne Regionen festlegen, da man Himmelsbereiche erkunden wollte, die nicht von anderen Suchprogrammen bereits durchmustert werden. Das Programm dafür wurde selber geschrieben und für die Internet-Nutzung optimiert. Dabei wird das sog. "Blinking" über animierte GIF-Dateien angewandt, um Asteroiden oder Zwergplaneten herauszufinden. Das Programm sucht daher nach sog. Movern (bewegten Objekten). Bis heute wurden bereits sehr viele NEO-Entdeckungen gemacht!

Abschließend berichtete Peter Riepe über HII-Regionen. Solche Regionen sind stets mit Sternentstehungsgebieten verknüpft und im Verbund mit Molekülwolken vorhanden. Es handelt sich dabei um junge, massereiche Sterne, die diese Regionen zum Leuchten bringen. Die Anregung findet dabei durch Spektraltypen O4 bis B1 statt. Dadurch wird das umgebene Gas ionisiert und Emissionslinien (wie H-Alpha, H-Beta und OIII, SII) werden freigelegt. Exemplarisch wurde die Analyse des Bildes der Umgebung von M17 von Frank Sackenheim aus Namibia mit einer Gesamtbelichtung von 17,7 Stunden durchgeführt. Dabei ergaben sich Identifizierungsprobleme bei den optischen HII-Regionen. O-Sterne ließen sich aber identifizieren (sind katalogisiert) und Staub untersuchen. Hierzu gibt es im NASA/IPAC Infrared Science Archive entsprechende Online-Recherche-Möglichkeiten. Es ist daher durchaus spannend sog. Pretty-Pictures auch einmal im Detail zu betrachten und entsprechend auszuwerten.

Die BoHeTa bot wieder viel Interessantes und Neues. Trotz des Umzugs in einen neuen Vorlesungssaal fand wieder eine rege Beteiligung statt. Daher wird es auch am 03. November 2018 eine 37. Auflage geben.

Text: Dr. Kai-Oliver Detken
Bilder: Jürgen Adamczak, Ute Spiecker, Dr. Kai-Oliver Detken  

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